Mittwoch, 23. Dezember 2009

Weihnachtsblog

Nach monatelanger Abwesenheit hacke ich mal wieder was in die Tastatur, obwohl ich keinerlei Nachrichten bekommen habe à la "wo bleibt denn dein nächster Blogeintrag?" Anscheinend vermisst mich keine Sau. Sowas löst bei mir akute Trotzreaktionen aus. Und: klar hätte ich was zu Miranetten und zu den neuesten Stammhirnbeleidigungen der Medienwelt schreiben können, aber ersteres wird momentan immer noch zu Tode diskutiert und letzteres wird auch im neuen Jahr noch genügend vorhanden sein, drum gibts hier und jetzt anlässlich der anstehenden Ferien was erfreuliches und gedankenzersträuendes. Nämlich saucoole Links. Ansehen bzw. lesen bzw. hören. Jetzt.

Video: The known Universe. Wunderschön. Puts things into perspective.
http://www.youtube.com/watch?v=17jymDn0W6U

Video: Star Wars: Episode 1 bashing nach über zehn Jahren? Joa, wenns so unterhaltsam ist wie hier. Zwar gehe ich nicht in jedem Punkt einig, aber meistens triffts doch ziemlich den Nagel auf den Kopf.
http://www.slashfilm.com/2009/12/17/watch-this-70-minute-video-review-of-star-wars-the-phantom-menace/

Video: Papierkunstwerbung. Oder so.
http://www.youtube.com/watch?v=F_jyXJTlrH0

Text: If you're male and like twilight, you're gay.
http://theoatmeal.com/story/twilight

Site: allerhand schlimme Dinge. In Bildern.
http://worstthing.org/

Bilder: Videogame-Diorama:
http://www.thetoyzone.com/2009/blog/25-of-your-favorite-video-games-recreated-as-dioramas/

So, das wars erstmal. Wer noch irgendwas interessantes kennt, kann das im Comment commenten und ich fügs dann in die Liste hinzu. Nennt sich interaktiv.

Eine kitschige Weihnachtskarte gibts später in dieser Woche.

Montag, 9. November 2009

Feeling down and under

Gerade ist eine E-Mail einer Kundin ins Postfach geschneit: "Bei allfälligen Fragen können Sie mich noch bis Freitag kontaktieren, ab nächster Woche bin ich dann bis Ende Februar in Australien und Neuseeland am die Welt entdecken."

Herzlichen Dank auch, mein schöner regnerischer Montag ist nun komplett im Arsch.

Überhaupt, was da in letzter Zeit alles nach Down Under trudelt, geht auf keine Känguruhaut mehr. Allein in meiner Facebookfreundesliste jagen gerade zehn Nasen, vornehmlich weiblichen Geschlechts, Koalabären auf dem Ayersrock oder Hobbits im Kiwiwald. Da sich der fünfte Kontinent und sein südöstlicher Mittelerde-look-alike-Nachbar kaum in einer Woche durchackern lassen, geht der Trip dann auch gleich mehrere Monate. MEHRERE MONATE! Meine letzten grösseren Ferien dauerten skandalöse zwei Wochen, und das ist nun seit geschlagenen 8 Jahren so.

Natürlich macht sich das wunderbar im Lebenslauf: "Ah, sie waren in Australien, haben ein wenig die Welt entdeckt und dabei auch noch Englisch gelernt! Wunderbar, sie können ihre Didgeridookenntnisse gleich bei uns in als Head of Brainwash Infrastructure and Science anwenden." Da ich Englisch blöderweise schon in der Schule gelernt habe und aufs Outback auch irgendwie keinen Bock habe, würde es bei einer sechsmonatigen Arbeitspause in meinem Curriculum etwa heissen: "Aha, sie halten einen weltweiten Streckenrekord in "Wipeout", haben 50 Millionen Punkte in "Geometry Wars" und alle 200 Tauben in "Grand Theft Auto 4" abgeknallt gefunden. Gratuliere, Sie sind unser neuer Head of Trash-Entsorging". Obwohl ich in besagten Spielen mehr über das Berufsleben gelernt habe als in nem halben Jahr im Eukalyptusdschungel.

Ich hab der Kundin dann trotzdem schöne Ferien gewünscht. Bin ja zwar neidisch, aber kein Spielverderber.

Donnerstag, 5. November 2009

Das Neuste vom Tage

Beim rumscrollen auf der Website der Basler Zeitung stiess ich auf folgende Meldung

Zum dreisten Entreiss-Diebstal kam es am 29. Oktober kurz nach 14 Uhr am Oberen Rebbergweg. Die Rentnerin hatte die 15'000 Franken zuvor gemeinsam mit ihrem 90-jährigen Gatten in einer Bank in Rheinfelden bezogen. Es sei davon auszugehen, dass das Ehepaar bereits dort von der Täterschaft beobachtet worden war, wie die Polizei Basel-Landschaft mitteilte.
(Quelle: bazonline.ch)


Bisher habe ich ja immer nur den Kopf geschüttelt, wenn wieder irgendein Marketingfuzzi behauptet hat, die Seniorenschaft wäre die kaufkräftige Bevölkerungsschicht der Zukunft und würde werbetechnisch viel zu wenig berücksichtigt, aber anscheinend ist da was wahres dran. Schliesslich sind 15'000 Franken kein Pappenstiel, mit Ausnahme vielleicht für Herrn Carl Hirschmann, der bezahlt den Betrag vermutlich täglich für seine Suite im Dolder Grand Hotel Zelle in der Untersuchungshaft. Wenn sich unsere Rentner aber die ganze Zeit beklauen und betrügen lässt, seh ich schwarz für die neue Lieblinggruppe der Werbeschaft. Dann müssen wir jungen Erwachsenen mal wieder als Retter der Wirtschaft grade stehen.

So oder so: mir tut der arme Enkel* der Dame leid, der jetzt wohl immer noch auf sein Geld wartet.

*oder welche Identität die Trickbetrüger heutzutage halt so annehmen.

Geh nicht ins Licht!

Wenn man bei meinem Schlafzimmer zum Südfenster hinausblickt, sieht man ein Stück meines geranienbewehrten Balkons, den lieblichen Garten des Nachbarn unter mir sowie die verträumt-hügelig-waldigen Rundungen des Blauenbergs. Geht man dagegen einige wenige Schritte weiter hin zum Ostfenster, erblickt man einen Vorhof, der wie ein Hinterhof aussieht, inklusive altem Volkswagen-Hippiebus und Bauschuttmulde, sowie der Eingang eines heruntergekommenen Mehrfamilienhauses. Wieviele Familien genau darin wohnen weiss ich nicht, man sieht es dem Haus schlicht und einfach nicht an. Moderne Mehrfamilienhäuser erinnern ja teilweise an Hühnerbatterien in ihrer klar strukturierten Aufteilung von Wohnfläche, jedoch nicht das Haus meiner Nachbarn östlicherseits. Grössere Fenster wechseln sich fröhlich ab mit kleineren, etwas versetzten Luken, jegliche Art von Ordnung und Symmetrie verspottend. Man sieht auch nicht, wo das Haus aufhört, denn an der Ecke geht es nahtlos über in ein scheuneartiges, längliches Gebäude. Da im formlosen Fenster ganz rechts manchmal ein Monitor aufleuchtet, dürfte aber im Innern nichts scheuneartiges vorhanden sein.

Soweit, so gut.

Irgendwann in den letzten Monaten, es muss wohl im Sommer gewesen sein, haben sich die Nachbarn des multidimensionalfamiliären Hauses dazu entschieden, eine Lampe mit Bewegungssensor über der Eingangstür zu installieren. Macht ja heutzutage jeder. Jedoch genügte meinen Nachbarn nicht ein bescheidenes Lämpchen, nein, es musste schon ein Flutlicht sein. Wohl damit der Hippiebus auch immer den Zugang zur Strasse findet und nicht mit der verstreuten Unordnung kollidiert. Wenn sich nun also etwas bewegt auf dem Vorplatz meiner Nachbarn, und sei es nur das Häärchen einer Staubmilbe, dann geht das Licht an. Zack. Resultat: In meinem Schlafzimmer wird es taghell.

Seither haben sich Raum und Zeit bei mir zu einer trüben Brühe vermischt, mehrmals bin ich früh morgens aufgestanden, hab mich in meine Klamotten gestürzt nur um schliesslich festzustellen, das es vor meiner Eingangstür noch nicht so hell ist wie vor meinem Schlafzimmerfenster. Die Mistlampe ist überempfindlich, seit drei Tagen brennt sie sogar die ganze Nacht und treibt mich in den Wahnsinn. Weshalb ich kürzlich auch eine Stunde lang irre vor mich hingekichert habe, als mir ein Flyer für Lichttherapie in die Hände fiel.

Ich könnte natürlich nachts meine Vorhänge und Fensterläden verschliessen und mir eine Schlafbrille zulegen. Aber das fühlt sich irgendwie so an wie Kapitulation.

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Die Dramaturgie von Videospielen

Der Eingang der Vulkanhöhle im Nordosten der Insel Feranga war nicht zu übersehen. Das Licht der Abendsonne reichte nur wenige Meter weit, so dass mein Begleiter und ich innehalten mussten, bis sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Das Rauschen des nahegelegenen Wasserfalls wurde plötzlich von einem lauten, eindeutig nicht menschlichen Brüllen übertönt, was uns beide instinktiv dazu veranlasste, unsere Waffen zu ziehen. Vorsichtig wagten wir uns ins Innere der Höhle, in der wir den Druiden Elric vermuteten. Elric war schon seit Tagen nicht mehr bei seiner Hütte gesehen worden, und natürlich brauchte ich ausgerechnet jetzt seinen Rat. Meinen Gefährten Cyrus hatte ich unterwegs getroffen, er suchte ebenfalls nach dem Druiden, seine genauen Beweggründe waren mir allerdings unbekannt. Ich war schon froh, nicht glänzlich alleine in die gähnende Düsternis hinabsteigen zu müssen.

Cyrus schrie überrascht auf. Vor uns schälte sich ein Ungetüm aus der Dunkelheit, etwas echsenartiges, schuppiges, und stürzte sich, das riesige zähnebewehrte Maul weit aufgerissen, auf mich. Ich holte reflexartig mit meinem Bastardschwert zu einem, wie ich hoffte, vernichtenden Schlag aus, doch das Echsenwesen wich geschickt zur Seite und schnappte im nachfolgenden Angriff blitzschnell nach meiner Schulter. Ich schrie vor Überraschung und Schmerz auf, als sich seine Zähne tief in meinen Arm gruben. In den blitzenden Augen des Monstrums flackerte die pure Mordlust. Verzweifelt versuchte ich, mich loszureissen, da durchborte Cyrus' Klinge den Kopf der Riesenechse. Sie war auf der Stelle tot.

Ich war mit dem Leben davongekommen, war jedoch schwer verwundet. Mein Vorrat an Heiltränken war verbraucht, weshalb ich mich mit dem Fleisch eines gebratenen Seegeiers, einem Apfel und Kräutern wieder zu Kräften brachte. Doch ohne Tränke konnten wir die Höhle nicht weiter erforschen, in einiger Entfernung sichteten wir schon die nächsten Echsenmonster. Ich fasste einen Entschluss. Wortlos steckte ich mein Schwert zurück in die Scheide und blickte meinen Gefährten Cyrus an. "Warte hier." befahl ich ihm, "Ich gehe schnell in den Laden um die Ecke ein paar Heiltränke einkaufen."


So oder zumindest ähnlich hat es sich gestern zugetragen bei meiner Spielsession des PC-Rollenspiels "Gothic4" "Risen" des deutschen Entwicklers Piranha Bytes. Ich weiss ja nicht, ob ich damit allein bin, aber ich finde solche Situationen hinsichtlich der Dramaturgie irgendwie uncool. Ich bin gesundheitlich schwer angeschlagen? Zwei-drei Heiltränke geschlürft, schon bin ich wieder fit. Keine Heiltränke mehr da? Einfach lastwagenweise im nächsten Shop einkaufen, der dortige Quacksalber hat innert weniger Minuten wieder ein ganzes Warenlager voll.

Überhaupt kommt man sich in "Risen" stellenweise vor wie ein menschgewordener Staubsauger. Das Inventar des Helden ist unbegrenzt, was dazu führt, dass man jeden Ramsch einfach mal mitnimmt, er könnte sich ja später als nützlich erweisen. So pflügt man durch die Insel, packt jedes Gewächs ein und metzelt sich durch die Fauna. Zu Beginn eines neuen Kapitels wird eh alles wieder auf magische Weise neu bevölkert und die Staubsaugerei geht wieder von vorne los. Drum fühlt es sich auch ein wenig paradox an: die ganze Insel fürchtet sich vor dem wiederauferstandenen Echsenvolk, während ich in Tat und Wahrheit mit meiner Plünderei die viel grössere Bedrohung fürs Bruttosozialprodukt der Bevölkerung darstelle. Egal.

Nicht falsch verstehen: ich mag "Risen". Die Landschaft ist eine Augenweide und man merkt an jeder Ecke, das hier alles liebevoll von Hand gebaut wurde und nicht durch einen Zufallsgenerator hingepixelt. Aber die *hust* "Story" wirkt oft wie oben draufgepappt. Man redet von Konflikt, von der ganz grossen Bedrohung, aber in der Welt sieht, spürt man nichts davon. Es reicht eben nicht, über einem vormals erloschenen Vulkan ein Kapitel später ein paar Rauchwölkchen und Lavafontänen emporsteigen zu lassen, um dem Spieler so etwas wie Spannung oder Dramaturgie zu vermitteln. "Risen" macht Spass, keine Frage. Ich könnte beim Spielen aber jederzeit problemlos eine Pause einlegen.

Aber vielleicht erlebe ich zur Zeit auch einfach sowas wie einen kleinen Popkulturschock. Kürzlich bewies der kalifornische Entwickler Naughty Dog mit "Uncharted 2 - Among Thieves" (Playstation 3) eindrücklich, wie mittreissend, wie witzig, wie motivierend Videospiele sein können. Dabei ist das Spielprinzip alles andere als innovativ: auf der Jagd nach dem legendären Cintamani-Stein wird geklettert, erforscht und ordentlich geballert, eine Mischung aus "Tomb Raider" und "Gears of War" also. Der Entwickler vermischt die bewährten Zutaten aber auf so gekonnte Art und Weise, dass es einem egal ist, ob man sowas schon zigmal gespielt hat. Zudem setzt man dem Spieler mit dem Helden Nathan Drake und der Reporterin Elena Fisher zwei Charaktere vor, die zwar auf den ersten Blick beliebig wirken (der liebenswerte Schurke und die "Damsel in Distress"), durch zahlreiche gut geschriebene Dialoge und gegenseitiger Frotzeleien dem Spieler aber ans Herz wachsen. Man fiebert mit wie zu Indys besten Zeiten, zudem, wenn wir schon davon sprechen, ist die Story um Längen besser als letztes Jahr bei "Indiana Jones und der atombombensichere Kühlschrank".

Klar vergleiche ich hier Äpfel mit Birnen: "Risen" bietet mit seiner offenen Spielwelt grösstmögliche Freiheit, während man bei "Uncharted 2" einem festen Levelweg folgt. Trotzdem könnten sich viele Rollenspiele in Sachen Inszenierung mal einen Blick über ihren Genre-Tellerrand gönnen. Ich habe in der heutigen Zeit keine Lust mehr, jeden Standardork mit denselben Schwertfuchtelein oder denselben magischen Spruchrollen ins Nirvana zu pusten. Warum nicht mal die Umgebung besser in den Kampf einbeziehen, warum nicht einfach mal die Seile einer wackeligen Holzbrücke kappen, auf der der Gegner steht? Weshalb entscheiden grösstenteils meine Charakterwerte über den Ausgang eines Kampfes und nicht mein spielerisches Geschick? Vielleicht müsste ich dann auch nicht immer kistenweise Heiltränke mit mir herumschleppen. Vielleicht.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Weiterbil-Dung

Eigentlich lobenswert: noch immer dümpeln wir in den Niederungen resp. Untiefen der Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit erreicht speziell bei Schul- und Uniabgängern unangenehme Prozentzahlen, da fasst sich die Basler Zeitung ans Herz und bringt monatlich Beilagen zur Berufs- und Weiterbildung. Nur darauf, dass nicht zwingend jeder und jede immer gleich Spengler, Maler oder Heizungsmonteur werden will, sind sie bei der BaZ wohl noch nicht gekommen. Anscheinend sind die dortigen Journalisten auch mit einer Bewerbung zum Sanitär angestellt worden, das würde erklären, dass man beim Lesen der Zeitung in etwa so viel Spass hat wie bei einem Rohrbruch.

An der alljährlichen Baselbieter Berufsschau zeigt sich derweil dasselbe Bild. KMU-Papst Hans-Rudolf Gysin betont gerne regelmässig die Vielfalt der ausgestellten Berufszweige und Firmen, man könnte die Berufsmesse aber auch gleich zur "Handwerkerschau" umbenennen, das Angebot wäre dasselbe und etwaigen Missverständnissen hätte man so vorgebeugt. Da es aber sowiso nur darum geht, das sich mehr oder weniger prominente Mitglieder der Wirtschaftskammer beim Cüpli treffen und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen können im Sinne von "wir tun was", dann ist zumindest beim Apéro die Welt in Ordnung.

Ich stelle mir aber unter einer "Berufsschau" etwas anderes vor.

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Mein Freund, der Baum, ist tot.

Neuer Trend bei Geschäfts-E-Mails grosser internationaler Pharmamultis: die Umweltschutzzeile. In kleingedruckten Versalbuchstaben werde ich in freundlichem Business-English aufgefordert respektive abgehalten "SAVE A TREE - PLEASE DO NOT PRINT THIS MAIL UNLESS YOU REALLY NEED TO", oft begleitet von einem lustigen Cartoonbäumchen.

Ich habe immer gedacht, Bäume bestehen aus mehr als nur einer gedruckten E-Mail, allein von der Datenmenge her, das nur so am Rande. Jedenfalls tue ich leider ziemlich oft really need to print, und das tut mir auch saumässig sorry. Die Aufforderung zum Druckverzicht wäre ja im Grunde genommen ganz vernünftig, dummerweise sind es aber genau die Pappnasen mit der Umweltschutzzeile, die bei längerem ausgiebig-leidenschaftlichem Mailverkehr immer nur auf den "Reply"-Button klicken und mit jeder ihrer Antwort gleich noch die 45 vorhergehenden E-Mails mitschicken. Sprich wenn Frau Bähler, für die ich trotz russischem, männlichen Bernerbärengraben-Namensvetter oft gehalten werde, nur unschuldig eine E-Mail ausdrucken will, hat sie/er als Resultat ein halbes Buch in der Hand.
So wie jetzt.

Lieber Leser, drucken Sie diese Kolumne bitte nicht aus, ausser Sie verspüren das dringende Bedürfnis dazu. Danke.

Montag, 21. September 2009

Oldies, Mumien und Luftballons - Ein Erfahrungsbericht

19. September 2009, 20:05 Uhr
Samstagabend. Keine Männerrunde, keine Party und kein Kinobesuch. Nein, heute ist tanzen angesagt, "Oldies but Goldies" in der Elisabethenkirche Basel, 40. Jubiläumsausgabe. Schweren Herzens lasse ich meine Schlaghosen im Schrank und entscheide mich für die klassische Hemd-und-Jeans-Kombo. Shake it, baby!

20:34 Uhr:
Die Warteschlange ist noch recht übersichtlich, ich bezahle 25 Franken hart verdientes Geld Eintritt plus nochmals zwei Stutz für die Garderobe. Dann ist sie wenigstens gut gesichert, denke ich mir. Bei der Jugend von heute kann man ja nie wissen.

20:40 Uhr:
Eigentlich dachte ich, "Oldies but Goldies" würde sich auf die Musikauswahl beziehen, selten an einem Abend so viele Brüste auf Halbmast gesehen. Sämtlichen Gesetzen der Rheumatik trotzend zuckelt eine geschätzte End-Siebzigerin an mir vorbei mit einem offensichtlich von ägyptische Hieroglyphen inspirierten Tanz. Schaudernd wende ich mich ab. Wenigstens brauche ich mir um meine Brieftasche keine Sorgen mehr zu machen.

21:15 Uhr
Nach einigen ungelenken Tanzversuchen stelle ich mich an die Bar und will mir einen zünftigen Cocktail genehmigen. Vielleicht klappts dann besser mit dem Rhytmus. Bevor ich mir meinen eigenen Tanzstil schöntrinken kann, hab ich auch schon die Ernüchterung: Wasser, Cola, Rivella, Weisswein und Bier. Oldies but Goldies bezieht sich offensichtlich auch auf die Getränkeauswahl. Da ich weder Lust auf Bier noch auf potentiell gepanschten Weisswein habe, bestelle ich mir eine Cola. Einige Sekunden später stehe ich Bogartmässig in einer neogotischen Ecke und nippe an meinem Plastikbecher. Der Rohstoffpreis für selbige ist anscheind wieder steigend, anders kann ich mir den Preis von 5 Franken nicht erklären. Zudem frage ich mich, wohin sich die Kohlensäure meiner Nicht-Brause hinverdrückt hat, da will ich nämlich mittlerweile auch hin.

21:30 Uhr
Todesmutig mische ich mich wieder unters Tanzvolk. Es werden immer mehr und der Altersdurchschnitt auch immer jünger, trotzdem stösst mich nach einiger Zeit die ägyptische Mumie von vorhin zielsicher von hinten an. Instinktiv will ich auf dem digitalen Steuerkreuz meinen Bathook auswählen, mich blitzschnell auf die Brüstung hochziehen und alle Gäste nacheinander mit meinem Batarang ausknocken, bis ich schliesslich enttäuscht feststelle: ich bin nicht Batman. Und ich habe in letzter Zeit eindeutig zu viel "Arkham Asylum" gespielt.

21:50 Uhr
Ich gebe frustriert den Tanz-Kampf auf, die anderen haben einfach die spitzeren Ellbögen als ich. Resigniert greife ich zu meiner halb-leer getrunkenen Cola und stell sie in einer beeindruckend-fliessenden Bewegung wieder zurück. Mein wertvoller Plastikbecher war ganze 30 Minuten lang unbeaufsichtigt und ich will nicht wissen, wie viele der anwesenden Rentnerschaft K.O.-Tropfen mit sich herumschleppt. Bei den Senioren von heute kann man ja nie wissen.

22:17 Uhr
Irgendwie haben hier alle ihren Spass ausser mir. Ich bin ein klein wenig neidisch. Ich beschliesse, mich an den einzig freien Platz unter einer Soundbox zu setzen und mir einen gehörigen Tinitus zuzuziehen, während ich allen anderen beim extatischen Zucken und Winden zusehe. Gleich rechts von mir gebärdet sich eine Mitt-Vierzigerin wie die besessene Göre im Exorzisten.

23:08 Uhr
Der Sound ist mittlerweile rockiger geworden, gut so. Das bringt allerdings einige der Jubiläums-Ballons an der Decke zum Platzen, so das ab und zu einige vor Schreck zusätzlich lustig zusammenzucken. Gemäss Plan sollten die "5000 Ballons" wohl um Mitternacht auf die tanzende Meute runtersegeln. Selbst die wenigen 100, die hier tatsächlich damoklesschwertmässig an der Decke hängen, werden es schwer haben, noch eine Lücke in der Tanzfläche zu finden.

23:32 Uhr
Ich schenke mir das Ballonspektakel und setze mich zusammen mit meiner Begleitung und einer Gruppe versiffter besoffener Teenies ins 10er Tram. Ich sinniere in Gedanken darüber, was es bräuchte, um mich fürs Tanzen zu begeistern: Dramaturgie, Spannung, Spiel, Schokolade. Und eine Highscoreliste, verdammtnochmal.

Mittwoch, 16. September 2009

We are the world...

Ab dieser Woche kann man ja glücklicherweise um 18 Uhr die Tagesschau einschalten, ohne den Moderationsversuchen einer aufgetakelten Elfjährigen zuzusehen. Ein reiner glücklicher Zufall, dass dieses Naturtalent nur zwei Ortschaften entfernt vom Studio Leutschenbach zu finden war. So mussten die Reporter des Ringier-Verlages für Ihre obligatorische Home-Story auch nicht gross in der Pampa herumtuckern. Schön, wenn sich die Talente schon alle im Agglobereich Zürich tummeln tun.

Aussagen wie "sie ist so natürlich!" und "ein wahrer abgebrühter Profi!" konnte ich bei meinem "Test-viewing" letzten Dienstag jedenfalls nicht bestätigen. Oder vielleicht wäre die Kindertagesschau-moderatorin Ana natürlich gewesen, wenn man sie nicht vorher durch die Leutschenbachsche Gehirnwaschmaschine gezogen hätte, wo man lernt, wie man zu moderieren hat. So wirkte das Resultat auf mich eher naseweisig-streberhaft-arrogant, kurz, ich hätte der Göre am liebsten eine geklebt mit der Begründung, sie dürfe um diese Zeit gar nicht mehr auf sein.

Genutzt hat die "Kinder sind süss, sagen immer die Wahrheit und sind die besseren Menschen"-Woche natürlich vor allem unseren Politikern, die medienwirksam und freundlich-väterlich in Schulbesuchen harm-und libyenlose, Fragen wie "ist Bundesrat ein schwerer Beruf?" beantworten durften. Das die Kinder dabei lediglich schmuckes knuddeliges Beigemüse waren: geschenkt.

Hätte man am Welttag des Kindes wirklich die Kinder gefragt, was sie gerne machen würden, hätten sie sich wohl schlicht und einfach einen schulfreien Tag gewünscht.

Der lässt sich aber halt schlecht medial aufbereiten.

Donnerstag, 3. September 2009

We live in a weird, weird world...

Bin ich eigentlich der einzige, der es etwas merkwürdig findet, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel dem israelischen Präsidenten Benjamin Netanjahu bei seinem Staatsbesuch letzte Woche "als Zeichen der Völkerverständigung" die Originalbaupläne des Konzentrationslagers Ausschwitz-Birkenau überreicht hat?

Als nächstes geht wohl Barack Obama nach Japan und überreicht dort die Dokumente vom "Manhattan Project".

Mich würde momentan gar nichts mehr wundern....

Freitag, 21. August 2009

Welt Weites Warten

Kürzlich hab ich mal wieder auf etwas gewartet. Dabei kann man entweder ruhig rumsitzen und durch die Gegend starren, in der Nase rumpopeln oder irgendein elektronisches Ablenkungsgerät zur Hand nehmen und feststellen, dass der Akku leer ist (ja, ich meine DICH, Playstation Portable). Ich griff aber oldschoolmässig zu einem Stapel "Schweizer Familie"-Hefte. Falls es jemand noch nicht wissen sollte: die "SF" ist eines der dienstältesten Schweizer Magazine und quasi die biedere Variante der "Schweizer Illustrierten". In anderen Worten: wo die "SI" boulevardesk, reisserisch und oft auch hemmungslos dämlich ist, ist die "SF"...äh..traditionell.

Für Freunde der unfreiwilligen Komik ist wohl die Rubrik "Denkpause" gedacht, worin ein externer Experte allerhand gescheites Zeug schreibt, diesmal zum Thema - Überraschung - "Jugendgewalt". Komischerweise entdecke ich nirgends die in diesem Zusammenhang gerne herbeigezogenen Schlagwörter wie "Internet" und "Neue Medien", aber das hat wohl damit zu tun, das diese für die "SF" praktisch inexistent sind. Es folgen rührende Stricktipps, Vorher-Nachher Modefotos, eine Analyse des bösen Gentechmais, ein Test aktueller Brettspiele sowie eine Fotoreportage über schöne Wanderwege in der Schweiz. Beachtlich: die SF-Fotografen schaffen es sogar, totfotografierte Sujets wie den Lauenensee so exotisch aussehen zu lassen, als wäre es eine schottische Hochlandpfütze mit Seemonster.

Dann endlich: ein Bericht über unsere tapferen Schweizer Soldaten! Ich will schon anfangen mit heimeligen "ach so war das früher"-Gedanken, da fällts mir wie Schwarzpulver von den Augen: die SF-Ausgabe ist ja aus diesem Jahr. Und die Fotos der Réduitfuzzis sind farbig. Ach ja, das "Living History"-Projekt von "Schweiz Aktuell". Da wollte ich ja auch noch drüber herziehen, schliesslich wurde der Sendung ja schon im Vorfeld die Kriegsverherrlichung vorgeworfen. Das Resultat war dann eher die Verherrlichung des Trivial-Langweilligen, bestenfalls geniessbar als Uniformenporno. Man kann halt ohne Gegner keinen Kriegszustand simulieren. Spätestens nach einer Woche habe ich mir eine zünftige Ballerei gewünscht. Wenn man wenigstens ein paar deutsche Kollegen in einem anderen Bunker untergebracht hätte mit der langfristigen Aufgabe, die Schweizerflagge im Réduitbunker zu klauen, hätte das ganze noch einen gewissen trashigen Charme gehabt. So erschöpften sich die Schauwerte beim nervigen Dauergrinsen der schwangeren Landfrau Gaberthuel, der verschiedenen Zubereitungsarten von Kartoffeln, juckenden Socken und tränenreichem Wiedersehen am Ende. "Nu weiss ych wiä sich d'froue damals gfühlt hen, wo sie uf ihri manne hen müäse wartä", sagte da die Frau eines Rekruten unter Tränen am Ende in die Kamera. Stimmt, der Zweite Weltkrieg dauerte auch ja nur drei Wochen, die Teilnahme war absolut freiwillig und jeden Abend konnte man sich alles zusammengefasst im Fernsehen anschauen.

Mittlerweile hatte der Downloadbalken 100% erreicht und ich entschloss mich, genug gewartet zu haben. Mit zunehmender Geschwindigkeit des Internets werden sich die Begegnungen zwischen der "Schweizer Familie" und mir wohl zukünftlich auf ein Minimum beschränken. Gottseidank.

Freitag, 7. August 2009

Prisontreatmentificationjawasdennjetzt?

Sehr geehrter Programmchef bei SF2

Gleich vorweg: ich habe so etwas wie eine Hassliebe zu euch entwickelt. Liebe, weil es ausser euch kein anderer Sender fertig bringt, Filme und Serien mit optionaler Originaltonspur auszustrahlen. Hass, weil ihr es im Gegensatz zu anderen Sendern nicht fertig bringt, für diese Serien einen einheitlich-regulären Sendeplatz zu finden.

Beispiel "Prison Break, 4", Season 4. Erst noch recht vernünftig platziert jeweils Donnerstags um 22:45 Uhr. Kann man sich auch als berufstätiger Mensch noch geben, ohne am nächsten Tag die Tastatur als Kopfkissen benützen zu müssen. Zwar verschiebte sich auch da dank Sport Aktuell die Sendezeit jeweils nach hinten, weil man ja auch den hinterletzten eingeknickten Kunstrasengrashalm nach einer Fussball Live-Uebertragung in Grund und Boden analysieren muss.

Nach einigen Wochen hatte ich mich auch schön an die, wenn auch immer leicht varierende, Sendezeit von Scofield und Co. gewöhnt. Doch dann klatscht ihr mir plötzlich unvermittelt "In Treatment" vor den Latz. Sicherlich keine schlechte Serie, aber ich will ja Gefängnisausbruch gucken und brauche momentan noch keine Therapie. Kulinarisch formuliert: wenn ich Fleisch essen will, gebe ich mich auch nicht mit Tofu zufrieden.

Aber da ich noch relativ jung bin und beim Blinzeln beide Augen zudrücken kann, sah ich auch über die erneute Sendezeitverschiebung auf 23:15 Uhr hinweg. So gingen wieder einige Wochen ins Land...
...bis mir gestern erneut mit "Californiacation" eine Serie vorgesetzt wurde, die ebenfalls sicher nicht schlecht ist, aber sie wissen schon, Tofu und so.

So muss ich mich jetzt für die letzten sechs Folgen der 4. Staffel Prison Break erst jeweils durch einen versifften, dauergeilen "ich war mal Fox Mulder" David Duchovny sowie zig nackte stöhnende Weiber kämpfen, um schliesslich um 23:45 meine Lieblingsserie gucken zu können. Wohl gemerkt, ich habe nichts dagegen, mich durch zig nackte stöhnende Weiber zu kämpfen, aber alles zu seiner Zeit.

Eben. Zeit. Himmelherrgottnochmal. Warum klappt das bei euch einfach nicht mit fixen Sendezeiten? Beat Schlatter warnt mich ja auch jeweils pünktlich davor, bei Halskratzen ins Büro zu gehen. Und Frau Bähler (an dieser Stelle ein lieber Gruss an sie, wir sind nicht verwandt. Jedenfalls noch nicht.) erzählt auch immer zur selben Tageszeit von ihren Hochs und Tiefs. Warum, lieber verantwortlicher Programmchef, klappt das nicht auch bei Spätabendserien?

Freundliche Grüsse
Mischa Bähler

Donnerstag, 2. Juli 2009

Physikemetzel

Manchmal, wenn das Sternbild des Orion in einer bestimmten Relation zum Neigungswinkel der Erdachse steht und der Mond sich in seiner Diätphase befindet, bekommt man im Autoradio nicht nur todgenudelte Popsongs oder fürchterlich unkomische Moderatoren zu hören, sondern tatsächlich auch mal einen interessanten Beitrag. So auch an diesem Morgen zu Beginn der Sommerferien. Womit wir grad beim Thema wären, es ging nämlich darum, ob Lehrer nun tatsächlich ganze sechs Wochen auf der faulen Haut liegen würden. Obwohl ich die Antwort auf diese Frage schon seit dem ersten Schultag weiss, wollte der Sender der Sache auf den Grund gehen und interviewte zu diesem Zweck Herrn P. aus Aarau, seines Zeichens Lehrer der Physik.

"Ja das ist es, was alle glauben, aber dem ist nicht so!" 100 Punkte an sie, Herr P., immerhin machen sie sich nichts vor, was die öffentliche Wahrnehmung anbelangt. "Von heute an geh ich mit der Familie zwei Wochen in den Süden, aber gleich nachher gibts eine Woche Weiterbildung." Ok, ganz vernünftig bisher, auch die Naturgesetze machen schliesslich heutzutage nicht vor Revisionen halt. "Die restlichen drei Wochen bin ich in der Schule am aufräumen und vorbereiten." Aha, jetzt wissen wirs: Herr P. braucht drei Wochen zum Aufräumen und zur Vorbereitung eines Lernplans, der sich wohl naturgemäss eher geringfügig vom letzten Jahr unterscheiden dürfte.

Wie komme ich dazu, solche Behauptungen in die Welt zu setzen, schliesslich hab ich ja vom Lehrerberuf, von Herrn P. und von Physik sowieso nicht die geringste Ahnung? Oh doch, momentan unterrichte ich täglich hunderte von Sch(m)eissfliegen in Sachen Trägheit und Masse. Respektive ich zeige ihnen anschaulich, was passiert, wenn ihr ach-so-stabiler Chitinpanzer mit dem geschwungenen und harten Gitterplastik meiner 45er Magnum-Klatsche kollidiert. Und das ist nicht schön. Mein Klassenzimmer gleicht mittlerweile einer Szene aus einem Splatterstreifen, wenn hier einer eine Fortsetzung von "Liebling ich habe die Kinder geschrumpft" drehen würde, der Film wäre ab 18 Jahren freigegeben.
Natürlich deprimiert mich der Anblick von verstreuten kubikmilimetergrossen Gedärmen immer wieder aufs Neue. Ich tröste mich dann jeweils mit dem Gedanken an die Reinkarnation, denn ich erlöse die Viecher ja von ihrem kackekrabelnden Dasein und befördere sie in ihre nächste Existenzform als Eintagsfliege.

Wer jetzt denkt, dass ich diesem wirren "vom Sonnensystem zur Lehrerschaft bis zur Stubenfliege"-Text ein einigermassen sinnvolles "Aha"-Ende verpasse, der kennt mich erstens schlecht und hat sich zweitens wohl irgendwo geschnitten.

Ich für meinen Teil denke aber es ist höchste Zeit für eine zünftige Sommerpause.

Donnerstag, 25. Juni 2009

Das Böse ist rosa

Es war einmal ein anfänglich ziemlich langweiliger Tag im Büro. Eigentlich nicht erwähnenswert und schon gar nicht niederschreibenswert, aber es gehört ja zum guten Ton eines Blogs, dass das Triviale hochstilisiert und rausgeputzt wird. Et voilà, wie der Franzose sagt. Die Stunden ödelten also unanständig langsam an mir vorüber und ich fragte mich, ob ich mich so in zehn Jahren überhaupt an heute erinnern werde, wo doch gar nichts erinnerungswürdiges passiert ist. Was soll ich dann als alter Grufti meinen Enkeln erzählen? "Erzähl uns von früher, Grosspapi! - "Früher wars langweilig" - Oooch." Nicht gerade eine wohlige Vorstellung des Rentnerparadises.
Ich versuchte also gerade auf Teufel komm raus dem heutigen Tag einen tieferen Sinn zu geben, indem ich mir überlegte, wie lange mein Büro einer Zombieattacke standhalten würde, als etwas schlimmeres den Raum betrat: ein wandelndes Klischee.
Das Klischee wurde von mir erst wahrgenommen, als sie ihr rosa Handtaschenmonstrum zielsicher auf dem "Off"-Schalter meines Desktopprinters platzierte. Ich beendete mit zielsicheren Klicks meine "Bejeweled"-Partie und suchte und fand erfolgreich den Blickkontakt. Mein Gegenüber war blond, gegen Ende 30, hatte botoxgetunte pinkfarbene Lippen und war von schlanker Statur, ihres silbergrauen Porsche Carreras nicht ganz unähnlich. Mein geschultes Auge vermittelte zudem meinem Hirnstamm blitzschnell die visuelle Typeneinschätzung einer gelangweilten wohlhabenden Hausfrau auf dem Selbstverwirklichungstrip.
Wohlhabende Hausfrauen auf dem Selbstverwirklichungstrip aus der hiesigen Umgebung haben a) das Bedürfnis in der lokalen Kunstszene Fuss zu fassen, b) einen Shop mit esoterischen Naturheilmitteln oder c) ein eigenes Nagelstudio in der Innenstadt eröffnet. Dies war eindeutig Typ c. Ich begrüsste Typ c mit einen steifen Lächeln und hielt gleichzeitig Ausschau nach einer kleinen kläffenden Bestie, fand diese jedoch glücklicherweise nicht.Frau Typ c) wollte natürlich das volle Programm an Visitenkarten, Briefbögen, Kuverts und Infobroschüren, hatte die Gestaltung aber schon einer renommierten Werbeagentur aufgetragen. Mit deren Design war sie aber nicht zufrieden, weshalb ich trotzdem den ganzen Nachmittag an Fingernagelfotos und rosa gewunden Schriftvergewaltigungen herumwursteln durfte.
Die Moral des dieswöchigen Blogeintrags, liebe Leserin und lieber Leser, ist deshalb von ergreifender Schlichtheit: schätze immer einen gepflegt-langweiligen Tag im Büro, er kann schliesslich jederzeit zu einem nervigen Tag mutieren. Und Zombies sind nichts, worüber man sich fürchten sollte. Nagelstudios aber sind die Hochburg wahren Grauens.

Dienstag, 16. Juni 2009

Mit Blasmusik machts Spass im Krieg

Wir schreiben das Jahre des Herrn 2009, genauer gesagt den 12. Juni. Herr M. B. aus E. bei B. am R. entschliesst sich, nach einer nahrhaften (im auslaugenden Sinn) Arbeitswoche im Büro, diesen Abend trotz recht schön-sommerlichem Wetter gemütlich zuhause zu verbringen. Er weiss, dass er am nächsten Tag früh aus den Federn muss, weil er ja diesen vermaledeiten Weiterbildungskurs besucht. Aber was tut man nicht alles, um nicht schleichend zu verblöden, schliesslich geben sich TV-Programm und Gratiszeitungen schon die grösste Mühe. Herr B. entschliesst sich dazu, nach getaner Hausarbeit, sportlicher Betätigung und Lernstoff büffeln, sich um 20 Uhr einen, sicherlich nicht besonders hochstehenden aber doch potentiell unterhaltsamen Actionfilm mit Jason Statham zu genehmigen. Das Vergnügen währt ganze sieben kurzweilige Minuten, dann wird der Film plötzlich von einer zusätzlichen Tonspur untermahlt. Nach einigen Hundertstelsekunden detektivischer Kombinationsarbeit und einem Blick aus dem Fenster kommt Herr B. zu dem Schluss, dass die Klänge nicht Teil des Films, sondern von den Instrumenten der örtlichen Fasnachtsclique stammen. "Aha", denkt sich Herr B., "hat wohl jemand beim nebenangelegenen Restaurant einen runden Geburtstag und die Clique bringt ihm oder ihr ein Ständchen. Schön." und lauscht drei-vier Stücke lang, bevor er seinen begonnenen Film fortsetzt, mit sich und der Welt zufrieden.

Als nach ca. 40 weiteren Filmminuten aber wieder die, mittlerweile doch ziemlich unerwünschte zusätzliche Tonspur in Dolby Tschingdärässabumm-Qualität erklingt und auch um zwei Uhr morgens der musikalisch-bierselige Lärmpegel nicht gesenkt wird, kommt Herr B. frustriert zu folgenden tiefschürfenden Erkenntnissen:

- Fasnacht ist nicht nur an drei Tagen im Jahr, sondern immer dann, wennes einem in den Sinn kommt.

- Wir haben zwar grad Informationszeitalter, trotzdem ist es anscheinend unmöglich, die Anwohner im Voraus über das Kakophonie-Event zu benachrichtigen. War wohl ein Briefserverabsturz. Oder die Telefonleitungen sind durchgebrannt. Kann ja mal vorkommen.

- Vereine dürfen grundsätzlich Dinge tun, bei denen jede andere Privatparty gleich mit Polizeibesuch, zahlreichen Verhaftungen und Zwangsjacken rechnen muss. So Musik ist ja schliesslich Kultur. Irgendwie.

- Die Mitglieder mit den lautesten Instrumenten bleiben grundsätzlich am längsten, konsumieren Alkohol in direkter Relation zu ihrem Bauchumfang und gröhlen am lautesten herum.

Herr B. sucht daraufhin fieberhaft in seinem Wandschrank nach Massenvernichtungswaffen mit nachhaltiger Wirkung, findet aber nur die üblichen Hemden und Mottenpapiere. Frustriert legt sich Herr B. dann ins Bett und sinkt in einen unruhigen, traumlosen Schlaf. Am nächsten Morgen vorm Spiegel könnte er sich schwören, dass die drei grauen Haare vorne hinten rechts am Tag davor noch nicht da waren.

Spielekiller

Guten Tag Frau Evi Allemann
Ich zitiere aus Ihrer Motion "Verbot von Killerspielen", zu finden unter der folgenden URL (http://www.eviallemann.ch/):
"Ein generelles Verbot solcher Spiele erscheint deshalb angemessen und verhältnismässig, insbesondere da sie über keinen irgendwie schützenswerten kulturell-gesellschaftlichen Gehalt verfügen."
Eine recht ungeheuerliche Behauptung, wie ich finde. Zeugt sie doch von der Tatsache, dass Sie von der Materie, entschuldigen Sie meine Direktheit, nicht die geringste Ahnung haben. Ihnen jetzt hier Titel von "ab 18 Spielen" an den Kopf zu werfen, die sehr wohl kulturell-gesellschaftlichen Wert besitzen, hat wohl keinen Sinn, da diese Ihnen ja vermutlich eh nichts sagen würden (Frage am Rande: wird bei der SP bei allen Themen so..äh...*hust*..."intensiv" recherchiert?) stattdessen frage ich Sie: warum dürfen Theaterstücke, Filme und Bücher (von denen viele grosse Klassiker ziemlich brutale Szenen beinhalten) Gewalt als dramaturgisches, unterhaltendes Mittel einsetzen, Computerspiele aber nicht? Keine Sorge, ich kann Ihnen diese Frage selber beantworten, dieser Brief soll zwar als Denkanstoss dienen, Ihnen aber keinerlei Kopfzerbrechen bereiten. Der Grund ist der, dass Games vom nichtspielenden Teil der Bevölkerung immer noch als Kinderspielzeug und nicht als vollwertiger Kulturzweig angesehen werden. Und Kinderspielzeug muss ja für Kinder sein, also soll der Markt bitteschön nur entsprechend bunte, harmlose und pädagogisch wertvolle Software produzieren. Zudem spielt man Games vor einem Bildschirm (Bildschirme sind böse!) und nicht draussen in der freien lehrreichen Natur (wo die Zecken lauern, aber das ist ja eine ganz andere Hysterie).
Weiter schreiben Sie: "Die von den Herstellern und Händlern definierten Altersrichtlinien (z.B. PEGI) sind keine Alternative zu einem Verbot, da sie leicht unterlaufen werden können." Ja, klar. Neben dem dezenten PEGI-Symbol prangt auf Spielepackungen zwar noch die Altersfreigabelogos der deutschen USK, die so gross sind, das sie kaum noch durch die Eingangstür des Mediamarkts passen. Aber hey, statt diese für Verkäufer und Eltern einfach per Gesetz auch hierzulande verbindlich zu machen, fordern Sie lieber ein totales Verbot von "ab 18"-Spielen. Das kann man gar nicht unterlaufen, höchstens mit dieser neumodernen Technik, diesem "Internet". Aber da weiss eh niemand, wie man es bedient. Schon gar nicht die jüngere Generation.
Kurz: Der Text Ihrer Motion strotzt so von haarsträubender Naivität und Unwissenheit gegenüber den neuen Medien, dass ich eigentlich erwartet habe, den Namen eines Rütlischwurveteranen darunter zu sehen. Sie aber haben Jahrgang 1978, das sind drei kümmerliche Jährchen von meinem Geburtsjahr entfernt. Aber wohl Lichtjahre von meinem Weltbild.

Freundliche Grüsse
Mischa Baehler

Sehr geehrter Herr Erwin Kessler

Ich bezeichne mich als Tierfreund, jedoch nicht als Freund Ihres Vereins, des VGT, was ausgeschrieben, wohl bewusst heimelig holperig, "Verein Gegen Tierfabriken" heisst. Denn ich esse Fleisch. Mehrmals wöchentlich. Manchmal auch mit Sauce.
Netterweise informiert mich Ihre Organisation einmal jährlich ungefragt über den Stand der Dinge in Sachen schweizerischer Nutztierhaltung, wobei jeweils auf beeindruckend stilsichere Art und Weise der schmale Grat zwischen nüchterner Berichterstattung und hetzerischem Sensationsjournalismus überschritten wird. Todesmutig brechen Ihre Stallpaparazzis nicht selten bei Nacht und Nebel in nationale Viehbetriebe ein und machen verschwommene Fotos, als wäre eine Kuh die organische Antwort auf eine fliegende Untertasse. Dabei würde mich viel eher interessieren, wie es denn den beiden Veganerkatzen aus der März-Ausgabe ergangen ist! Seit besagtem Artikel springen mir nämlich verdächtig viele Katzen mit unverkennbar suizidalen Absichten vor die Kühlerhaube, anscheinend haben sich einige Stubentiegerhalter von dem Artikel inspirieren lassen. Sie verstehen sicher, dass ich in Anbetracht dieser Ereignisse besorgt bin, obwohl ich, meinem fahrerischen Können sei Dank, bisher immer kunstvoll ausweichen konnte. Trotzdem bin ich für jedes mir zugestellte Exemplar der "VGT-Nachrichten" dankbar, eine ähnlich vereinfachte und klare Sicht der Dinge wird einem sonst nur in Zeitschriften wie dem "Wachturm" vermittelt.
Wie dem auch sei, ich hatte Ihren Verein schon fast vergessen, als ich heute, während der Autofahrt ins Büro, Ihren aktuellen VGT-Werbespot auf "Radio Basel 1"in den Gehörgang gelöffelt bekam. Darin wurde ich mal wieder aufgeklärt, dass Fleischfresser böse sind und unser Bundesrat unfähig. Die hiesige Regierung ist ja, genau wie die Juden, ein beliebtes Feindbild von Ihnen, Herr Kessler. Auch das Schweizer Fernsehen kommt auf Ihrer Website nie gut weg, jedoch nicht wegen des schlechten Programms, sondern wegen angeblicher Botox-Behandlungen der Moderatorenriege. Herr Kessler, wenn die getünchten Gesichtsfalten von Frau Katja Stauber das einzige Problem unseres Fernsehsenders wären, würde ich der Billag die doppelten Gebühren bezahlen! Weiter informierte mich die betont seriös herumnäselnde Stimme, dass die einzige Lösung gegen Tierfabriken wäre, weniger Fleisch zu essen - die Lösung liege im Vegetarismus! An dieser Stelle verwirrten Sie mich nun vollends, Herr Kessler, weshalb ich der gerade auf die Strasse gesprungenen Katze nur noch in letzter Sekunde ausweichen konnte. Schliesslich ist "weniger Fleisch" nicht gleich "kein Fleisch", was das erfolgreiche Praktizieren von Vegetarismus ja voraussetzt. Während die schläferige Stimme also die letzten Propagandasätze in den Äther hustete, fasste ich mir ans Herz und kam zu folgendem Schluss: Wenn sich Vegetarier so anhören wie in Ihrem Werbespot, dann will ich weiterhin mit Freuden mehrmals wöchentlich meine Fleischration verpeisen. Mit Sauce.
Herzlichst,
Ihr Mischa Baehler

Rebel without a cause

Es gibt Tage, da wird einem schlagartig bewusst, dass die letzten zehn Jahre schneller vorbeigegangen sind, als die zehn Jahre davor. Wo die Tragik der eigenen Vergänglichkeit, Salzsäure gleich, ins langsam verwesende Fleisch des Körpers tröpfelt und die Narben der Lebenserfahrung hinterlässt. Tage, wo man nicht mehr durch den Eingang ins Bällchenparadies der IKEA passt. Tage, an denen mehr Viagra-Spam Mails als sonst die Mailbox überschwemmen. Wo man an Schülern und Schülerinnen vorbeigeht und sich fragt, ob diese einen jetzt als alten erwachsenen Knacker sehen. Tage, wo die grauen Haare im Spiegel irgendwie besser sichtbar sind als sonst. An solchen Tagen geh ich immer zum Friseur. Heute ist so ein Tag.
Aber etwas ist heute...ANDERS.*
Ich brauchte heute morgen nur kurz auf dem Sozialnetzwerk meiner Wahl vorbeizustolpersurfen, schon fühlte ich mich schlagartig wieder jung. Oder zu jung. Denn: SP-Frau Susanne Leutenegger-Oberholzer hat ihr eigenes Facebook-Profil. Frau Oberholzer, nennen wir sie doch einfach kurz und knackig "Frau SLO", ist nicht selten vor einer Fernsehkamera anzutreffen, wo sie immer eindrücklich beweisst, dass sie das "ch" jeweils sehr weich und zärtlich vom Gaumen ausgehend aussprechen kann, und nicht so hart und schweizerisch-grob "CHchch" aus dem Rachenbereich. Halt so, wie man es damals in der Primarschule gelernt hat, die ja bald nicht mehr Primar sondern Basisstufe heisst. Harmosmyass.
Wie auch immer, ich fühlte mich schlagartig zu jung. Schliesslich ist das Internet und sein narzistischer Bruder Web 2.0, ein Medium meiner Generation. Wenn jetzt faltige Politiker und -Innen hier herumschlurfen, fühle ich mich irgendwie uncool und altersfleckig. Sprich, ich muss mir nun etwas suchen, was gesellschaftlich noch nicht aktzeptiert ist. Paintball zum Beispiel. Oder Nacktwandern. Wenn das mit der Verbotspolitik so weitergeht, fange ich auch mit Rauchen an. Mal sehen. Mein Rebellenhormon ist jedenfalls aktiviert. War halt doch nicht so übel, die Pubertät.
*ein inflationär gebrauchter Satz des Lieblingsautors (Asche über mein Haupt) meiner späteren Kindheit, Wolfgang Hohlbein. Aber wenn er schon in seinen Büchern teilweise ganze Seiten von sich selber kopiert, darf ich mir sicher ein Sätzchen von ihm ausleihen. Quasi als Hommage.

10 things I like about almost anything

Mist, nun bin ich wegen meiner Ansage letzte Woche unter Themenzwang. Nie was gutes. Dabei muss ich jetzt doch gute Dinge aufzählen. 10 Stück. Ach, ich hasse Aufzählungen. Aber ich versuchs trotzdem...
1. Ich mag, ach was, ich LIEBE meinen neuen Staubsauger. Der saugt, was das Zeug hält oder eben nicht. Als hätte er tief in sich drin ein allesverschlingendes Schwarzes Loch. Dabei hab ich noch nicht einmal die maximale Saugkraft eingestellt...*schauder* Wär doch ein cooles Szenario für einen Horrorfilm, ein vom bösen Geist Adolf Hitlers besessener Staubsauger, der von einem Schwarzen Loch angetrieben wird, Titel: "Nazi-Vacuum-Cleaner From Outer Space". Aber ich fasele rum, also weiter zu...
2. Ich mag Feierabende, Wochenenden und Ferien. Banal, ich weiss.
3. Ich liebe Tiere. Vor allem Hunde. Schlicht faszinierend, wie ein mieser Tag im Büro schlagartig weniger mies aussieht, wenn man abends von unverhohlen freudig-wedelnden Fellbündel begrüsst wird. Ergreifend, wie Katzen im direkten Vergleich betont desinteressiert um die Beine streichen, einige Schritte wegtappsen, um sich dann gleich wieder um 180° zu drehen und die Prozedur zu wiederholen. Deprimierend, wenn man auf den Gedanken kommt, das könnte nur an der Rolle als potentieller Futterlieferant liegen.
4. Ich mag die Tatsache, dass der neue "Star Trek" Film von einem bekennenden "Star Wars"-Fan stammt und all das über Bord geworfen hat, was ich an den alten Filmen und Serien so grausam langweilig fand. Und dabei mehr Erfolg hat als jeder "Trek"-Film zuvor. Gene Roddenberry mag sich in seinem Weltraumgrab umdrehen, Alt-Trekkies über die guten alten Zeiten jammern, aber ich hab meinen Spass. Und darauf kommt es ja an. Jedenfalls für mich, ich Egoschwein.
5. Sommer ist einfach herrlich, muss jetzt mal gesagt sein. Viel Sonne, warme Temperaturen, die Umgebung leuchtet regelrecht vor Lebensfreude. Und die Leute haben weniger an. Was nicht in jedem Fall erfreulich ist, aber egal.
6. Ich bin kein Buddhist, aber ich mag den Dalai Lama. Wären alle Religionsführer so wie er, die Welt wäre ein besserer Ort.
7. Bier ist ok, "Eve" ist besser. Warum wir Männer immer dieselben Pilslagerhopfenmalzbittergedöhns-Mischungen bechern müssen, während das schönere Geschlecht etwas mit tatsächlichen Geschmacksrichtungen konsumieren darf, ist mir schleierhaft. Machen wir uns stark für eine Revolution im Gerstensaftmarkt! Gebt uns "ADAM"!
8. Ich finde es schön, dass es noch Orte auf der Welt gibt, wo wirklich jeder und jede jeder und jede kennt. Hat was beruhigendes. Hauptsache, ich wohne nicht in dort. Gut auch, wenn sie möglichst weit weg sind, die Orte. Aber schön, dass es sie noch gibt.
9. Es lebe das Internet. Es ist voller Schund und Schmuddelbildchen, aber insgesamt hat es uns alle ein klein wenig näher zusammen gebracht. Dann hat man gemerkt, dass man gar nicht jedem Menschen näher sein will. Aber immerhin sind wir jetzt alle um eine Erkenntnis reicher.
10. Und zuletzt: ein Hoch auf die Jeans! Sehen immer gut aus und fühlen sich gut an, und, verschiedene Sorten und Schnitte sei Dank, bei jeder und jedem. In einer Best-of Liste der grössten Erfindungen der Menschheit wäre die Jeans unter den ersten 20. Mindestens. Ich prophezeie, dass in 100 Jahren immer noch Jeans getragen werden. Drum ist es meiner Meinung nach auch frustrierend, heute noch Mode designen zu wollen, an die schlichte Eleganz einer guten Jeans kommt nichts heran. You don't meddle with perfection.
So, fertig. War doch eine richtig öde Angelegenheit. Drum wird nächste Woche wieder gemotzt, was das Zeug hält, versprochen.

10 things I hate about almost everything

Leute fragen mich, "mib", fragen sie, "warum schreibst du nicht mal über etwas schönes, was dir gefällt?". Diesen Leuten, die das natürlich nie gefragt haben und auch nur dazu existieren, hier eine passende Einleitung hinzuklotzen - also als sogenanntes Blogvehikel fungieren -, kontere ich hiermit trotzig mit einer weiteren polemisch-motzigen 10 Punkte Aufzählung.
10 Dinge, die ich heutzutage nicht mehr sehen, hören oder fühlen will:
1. Werbespots, bei denen schlanke Frauenbäuche und Näbel (gibts diese Mehrzahl?) in sexy Frontalansicht gezeigt werden, um dann als ästhetischer Hintergrund für die grafische Darstellung von Darmkrämpfen herhalten zu müssen. Ich bekomme Augendurchfall davon.
2. Bleiben wir bei der Werbung: Überhaupt diese ganzen Gesundheitsjoghurtlifestylemittelchen, welche in Miniaturpuppenhausfläschchen abgefüllt werden und dank einer Überdosis Bakterien meine Innereienflorafauna irgendwie beleben, beruhigen oder abtöten sollen. Je nach dem.
3. Überlange, auf ihre Art fast perverse Wortkonstruktionen wie in Punkt 2.
4. Die oft in Nachrichten breitgetretene Wortfolge "Nach neuesten Erkenntnissen...". "Neu" bedeutet noch lange nicht "richtig".
5. Die Gratiszeitung "Baslerstab" ist im Wachkoma, ".ch" gibts nicht mehr..warum nervt mich dann der "Bibo" weiterhin mit altherrenmoralischen Editorials und spezifizierten Gemeindeseiten, bei denen 80% der gezeigten Inserate und Veranstaltungen dieselben sind?
6. Schlechte Fotomanipulation wie in der aktuellen "Regio-Aktuell" Ausgabe. Seit wann grasen in Laufen Ziegen in freier Natur - und schweben dabei über dem Boden, ohne einen Schatten zu werfen?
7. Politiker, die auf gesellschaftliche und soziale Probleme nur eine Lösung kennen: Verbote.
8. Werbung für "familia"-Müesli. Seit die Anfangs 90er Jahre mein Lieblingsschokomüesli eingestellt haben, ist die Firma für mich das freimarktwirtschaftliche Aequivalent des Bermudadreiecks.
9. Leute, die noch Datenaustausch mit 3,5 Zoll Disketten durchführen, mit der Begründung, darauf wären Bilddaten, die zu gross sind für den E-Mail-Versand. Ja, klar.
10. Polemisch-motzige 10 Punkte Aufzählungen, die über alles und jeden herziehen. Drum gibts nächstes Mal eine 10 Punkte Aufzählung über all die Dinge, die ich schön finde und gerne mag und von denen ich mehr sehen will. Versprochen.

Der Tag, an dem die Erde schüttelte

Manchmal ist es erschreckend, wie erschreckend klischeehaft alles doch ist. So gesehen neulich auf Telebasel, wo in der Newssendung "7vor7" diverse alternde Lokalpromis (ein Wunder, das Otto Stich nicht dabei war) bei irgendeiner Apérogelegenheit (ein Wunder, das Urs Wüthrich nirgends zu sehen war) wertvolle Worthülsen in die Kameralinse warfen und dabei alle erschreckend viel älter aussahen, als man sie in Erinnerung hatte. Aber lag wohl an den Lichtverhältnissen. Jedenfalls kam nach Ex-Fechterin Gianna Hablützel-Bürki Ex-FCB Präsident Werner Edelmann auf den Bildschirm und entgegnete auf die Frage, ob er denn was vom Erdbeben am frühen Dienstagmorgen gespürt habe, die leicht gelallte Antwort;"
Da merkt me widr mol, wiä klei mir Menschä doch sin im Vergliich zu dr Natuuur".
Argh. Kotz. Ich kann diesen Klischeesatz nicht mehr hören, schon gar nicht lesen. Diese verlogene Demut zur Mutter Natur, dieser "ach, wir sind ja gar nichts"-Rassismus gegenüber der Menschheit, dieser pseudogrüne Kalenderspruchmist. Als ich letztens auf dem Balkon meine Geranien bewässerte, brauchte Mutter Natur noch Wasser aus MEINER Gieskanne aus MEINEM Wasserhahn, welcher Wasser befördert, welches WIR Menschen in zig Leitungen von Reservoir zu Haushalt pumpen. Weil Mutter Natur ja nicht ausreichend Regen liefert, um sich selber zu bewässern, muss ich den Job übernehmen. Während Mutter Natur bei jedem Gewitter Strom en masse vergeudet, produzieren wir selbigen mühsam in eigens gebauten Kraftwerken. Ausserdem könnten wir mit unseren Massen-vernichtungswaffen die Natur einäschern, atomar verseuchen, tabula rasa. Was wir natürlich nicht wollen, weil das ganze Grünzeug ja so hübsch anzusehen ist, Sauerstoff produziert und UNSERE CO2-Emissionen abbaut. Aber wir KOENNTEN es tun. So gesehen würde ich das Verhältnis Natur-Mensch eher als Patt-Situation bezeichnen.
Meine Geranien und Zimmerpflanzen sind also nichts anderes als meine Geiseln. Darum werde ich auch das nächste Mal, wenn Mutter Natur ein wenig an der Tektonik rüttelt, beruhigt weiter schlafen.

10 Fragen, die ich mir letztens gestellt habe...

1. Fällt vpod-Basel-Präsident Urs Müller auseinander, wenn er seine rote Jacke auszieht?
2. Wird demnächst über die politisch-korrekte Benamsung von Grippeviren debattiert?
3. Warum gibt es zu jedem noch so banalen Thema einen entsprechenden Experten und
was tun diese Experten den ganzen Tag, wenn sie nicht gerade vor einer Kamera rumstehen?
4. Hat es irgendwas mit informativer Berichterstattung zu tun, wenn Roland Luder in der heutigen
Ausgabe von "Schweiz Aktuell" geschlagene zehn Minuten live vor dem Eishockey-WM-Stadion in Bern zwischen grölenden Fans ruminterviewt, um als Höhepunkt den Kameramann ins Festzelt mit noch mehr grölenden Fans zu schicken, mit dem Resultat, das sich die Kameralinse beschlägt und man grad gar nichts mehr erkennen kann?
5. War das vielleicht besser so?
6. Zu welchem Zeitpunkt hat sich Mike Shiva in mehrere noch unfotogenere Wahrsager aufgeteilt?
7. Was muss noch passieren, damit Walliserdeutsch im Fernsehen endlich untertitelt wird?
8. Was muss noch passieren, damit Wallisserdeutsch im echten Leben endlich untertitelt wird?
9. Können wir Ralph Zloczower noch verantworten? Wenn ja, wie lange noch?
10. Was macht der Papst, wenn er nicht gerade irgendwo auf Besuch ist?

Antworten, liebe Leserin und lieber Leser, sind sofern sie vorhanden sind natürlich sehr willkommen und würden mir dabei helfen, die Welt ein klein wenig besser zu verstehen.

Pandolumne

Finanzkrise raus, Schweinegrippe rein: es pandemiert mal wieder im Mediendschungel. Ist auch langsam langweilig geworden mit den ewig-gleichen Entlassungen, verunsicherten Bankern und Dow-Jones Indexen (oder Indexi?). Aber so ein mutiertes Virus ist halt ein schöner zeitloser Angstmacher, weil physisch nicht fassbar, oft einfach übertragbar und nicht selten tödlich. Um sich zu schützen, muss jeder nicht lebensmüde Mensch sich informieren, sprich: Zeitung lesen, Glotze gucken, googeln, den Arzt konsultieren und teure Medikamente kaufen (nicht zwingend in dieser Reihenfolge), es sei denn, die vor zwei Jahren gehorteten Tamiflu-Packungen haben ihr Verfallsdatum noch nicht überschritten. Ganz unter uns: ich würde jetzt Pharma-Aktien kaufen, schliesslich ist eine Pandemie erst eine richtige Pandemie, wenn jemand davon profitiert. Wenn wir die Sache nun aus einer etwas anderen Perspektive betrachten, so ergibt sich ein viel beunruhigenderes Bild: ob Schweinegrippe, Vogelgrippe oder Rinderwahn. Immer kommt die Seuche aus dem (Nutz)tierreich. Liebe Veganer und Vegetarier, das habt ihr nun davon, hätten wir nämlich all die Viecher bereits gegessen, würden sie uns nun nicht mit Seuchen traktieren.

Gute Nachtgeschichte

Gleich vorweg: ich hab heute miserabel geschlafen. Ich schlafe immer schlecht in der letzten Nacht der Ferien, bevors am nächsten Tag wieder auf den Bürostuhl geht. Drum wird dies ein sehr gehässiger Text. Also am besten, wir bringen es gleich hinter uns.Da döse ich also nachts um halb zwei vor mich hin, im Halbschlaf herumgrübelnd, am Gedanken sortieren, gemischt mit einer Prise "Achverdammtschonmontagmorgen"- Ankotzstimmung, da summt es doch glatt noch lustig an meinem Öhrchen herum. Herr Mücke hatte Blut gerochen, ich auch. Nun gehöre ich nicht zu der Sorte Mensch-mann, die nachts gerne auf die Jagd geht, also versuchte ich erst die Pazifistenmethode. Beide Ohren zugedeckt, Gesicht frei, ein Bein nicht zugedeckt, um zu sagen: "Hier, Mücklein, hier! Hier kannst du saugen!". Klappte nur leider nicht, das saublöde Mistvieh sirrte lieber nervig an meinen Ohren herum, meine Bettdecke ist leider nicht 100% schalldicht (Sowas müsste erfunden werden, gleich nach der Bettwäsche aus fleisch-fressenden Pflanzen).Frustriert gelang ich zur Erkenntnis: Mücken sind dumm und die Natur auf haarsträubende Art und Weise ineffizient. Ich könnte wohl eine Bar mit Petrischalen voll frisch abgezapften Blutkörperchen auf dem Nachttisch aufstellen, die Viecher würden trotzdem lieber an mir rumpieken.
Das grosse Skandal, also die Corpus Crux Corrupti an der ganzen Sache ist aber dies: da sind um meine Wohnung herum wohl hunderte von Spinnennetze verteilt, die ihren Job nicht erledigen. Ich hab mich dann doch noch aufgerafft, die nächstbeste Zeitschrift geschnappt und die Erscheinung von Herr Mücke auf zwei Dimensionen reduziert. Möge sein an der Decke klebender Kadaver als Vorbote der Verdammnis auf Ewig seine zu mir verirrten Artgenossen vertreiben!

Elternschutz

War kürzlich mal wieder bei GameStop, das ist dieser Videospieleladen, der gebrauchte Games zurücknimmt. Oder Games, bei denen man keine Lust hatte, weiterzuspielen, weil sie zu öde oder zu schwer oder beides sind. Wie dem auch sei. Man könnte sich jetzt natürlich fragen - nur so als Zwischengedanke - warum eine Gameshop "GameStop" heisst. Tönt ja eher nach einer Heissluftinitiative von SP Bern Vizepräsident Roland Näf. Aber es soll hier nicht um unpassende Namen gehen.Also, da war ich nun in besagtem Laden unschuldig am occasionen-wühltischwühlen, da gesellte sich ein auf geschätzte 13 Jahre alter Halbstarker dazu. Sie wissen schon, die Sorte mit Flaumbärtchen und krasskonkretem Dialekt. Jedenfalls wühlte dieser weit weniger unschuldig herum als ich, aber tolerant wie ich bin, wich ich aufs Gestell nebenan aus. Was nicht weit genug war, um den folgenden Wortwechseln zwischen ihm und seiner kleinen pummeligen Mutter zu überhören:
- Er: "Ey, "Far Cry 2", voll geil, chan i haa?"
- Sie: "Aber da stoht doch gross "16" druff".
- Er: "Das isch Schwirigkeitsgrad. Ha villi Spiel mit 16 druff."
- Sie: "ah ok, denn isch gut."
Ob das Verkäufer auch so gesehen hat, hab ich nicht mitgekriegt, ich war zu sehr mit Augenrollen beschäftigt. Hilft natürlich wenig, wenn auf den Packungen die Altersfreigabelogos die Hälfte des Covers einnehmen, wenn sie nicht als solche interpretiert werden. Aber ich habs schon mal gesagt und werde es immer wieder sagen: erfolgreicher Jugendschutz beginnt mit der Erziehung der Eltern.

Das Übel

Es ist gross, grün und hässlich. Seit kurzem steht es in meinem Regal, glotzt mich aus hohlen Lettern leblos an, mit jeder Faser ein fleischgewordenes Synonym für alles Übel dieser Welt. Wie bei vielen Übeln war auch mein grosses, grünes und hässliches Übel einmal klein, dezent und wurde von Menschen mit den guten Absichten entwickelt, der Gesellschaft zu helfen, ihr einen besseren Überblick zu verschaffen. Zwar tut das Übel dies auch heute noch, aber nicht mehr mit einem angenehmen Flüsterton, hörbar für jene, die seinem säuselnden Klang Beachtung schenken wollen, sondern mit lautem Geschrei der holzhammerigen Art. Das Übel fiel mir gleich auf im Laden um die Ecke, wo es, umringt von seinen blauen, roten und weissen Artgenossen auf den Gestellen hockte, dick, breit und fett, jedem Kunden das Gefühl gebend, er würde, sollte er denn nach ihnen greifen, etwas verbotenes, sündhaftes, gar schmuddliges tun. Ich tat es trotzdem, interessierte ich mich doch weniger für die Äusserlichkeiten, sondern für die inneren Werte, welche das Übel geschickt zu verbergen versuchte.Nun steht es also bei mir daheim im Regal, und jedesmal, wenn ich mir zuhause nun Hellboy 2 ansehen will, oder später Filme wie den aktuellen Bond, Madagascar 2, Watchmen...immer wird es mir in seiner jeweiligen Version seine hässliche, packungs- und artworkverschandelnde Fratze zeigen. Aber vielleicht haben wir es nicht anders verdient, das neue übergrosse Altersfreigabesiegel der deutschen FSK.

Das sind ja alles auch nur Menschen

Fasten. Hat irgendwas mit verzichten zu tun. War mir nicht mehr ganz sicher, aber gottseidank hat mich der Papst letzte Woche daran erinnert, allen Freuden dieser Welt abzusagen, also auch dem Bloggen. Jedenfalls bis Ostern. Aber pssst! Er ist jetzt in Afrika am Kontinentenkarmaknuddeln (gibts Karma im Christentum? Geistige Notiz: Später mal den Koran durchchecken) und Enthaltsamkeit predigen (kommt nämlich billiger, als Gummis zu verteilen, ja, auch der Vatikan hat nicht mehr so viel Geld), ergo bekommt Papa Ratzi von meinem Getippe auch nichts mit. Schön.
Auch schön: wie sich im Laufe der Lebenszeit Politiker zu normalen Menschen wie du und du entwickeln. Als Kind machen einem die alten Herren und mittlerweile auch vermehrt Damen mächtig Eindruck, mythische, weise Figuren, die die Geschicke des Landes lenken, komplizierte Worthülsen von sich geben und..äh..ja. Als fortgeschrittener jugendlicher Erwachsener sieht man das alles ja ein wenig differenzierter. Könnte aber auch sein, dass das mit eigener Lebenserfahrung gar nichts zu tun hat, sondern viel mehr damit, dass die Politiker sich für das gemeine Durchschnittsvolk verständlicher ausdrücken wollen. Aktuelles Beispiel: Bankengeheimnis. Schweiz. OSZE. USA. Schwarze Liste, Steuerhinterrücks-ziehung. Ui, so viele Begriffe, da kommen die wenigsten noch mit.
Glücklicherweise wurde in den letzten Tagen dank des deutschen Bundesfinanzministers Peer Steinbrück und CVP-Mann Thomas Müller alles dramatisch einfacher: wir Schweizer sind die zurückgebliebenen Indianer und die Deutschen, das sind ja eh alles Nazis.Na also, geht doch. Einfache Begriffe, die beim Bürger klare Bilder hervorrufen. Endlich versteht man mal, was die da sagen. Die Mystik von früher, die geht so allerdings flöten.

Datensch(m)utz

Seit heute morgen beruhigt mich das Online-Community-Portal Facebook beim anmelden, es würden "aufgrund zahlreicher Rückmeldungen" (schöndeutsch für "angepisste User haben gemotzt") ab sofort wieder die alten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" gelten. Ich hab mich müde weitergeklickt, vielleicht dabei noch unanständig gegähnt, ohne mir die Hand vor den Mund zu halten.Grund für die Welle der Entrüstung, eingebettet im Sturm im Wasserglas, war gestrige Meldung, welche mir, leidenschaftliche "Woz" und "Tagi"-Leser mögen mir verzeihen, im "20 Minuten" ins Auge gesprungen ist. Anscheinend haben die bösen Facebook-Gründer klammheimlich in einer Nacht-und-Nebelaktion eben diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen so angepasst, das Facebook, auch nachdem ich mich schon längstens von der Plattform verabschiedet und das Profil gelöscht habe, meine Daten weiterhin verwenden (!) und an Dritte (!!) weitergeben (!!!) darf.
Wow. Also kann Facebook all den belanglosen Stuss, den ich hier auf mein Profil rauflade und von mir gebe, weiterverwenden. Läckdumir! So eine böse global operierende Firma kann also, wenn sie Millionen an Facebook zahlt, herausfinden, welches meine Lieblingsfilme sind, in welchen Städten dieser Welt ich schon Ferien gemacht habe, oder schlimmer, wen meiner Freunde ich am meisten supergepoked habe. Um eine Multiple Choice Szene in einem alten Computerspielklassiker zu zitieren: "Ich zittere, ich zittere."Vielleicht bin ich ja ein Ultratolerantist, aber meine einzigen wichtigen Daten, die ich nicht jedem Hirni weitergeben will, sind meine Telefonnummer und der Pincode meines Bankkontos.
Den ganzen Rest, liebe Facebookbetreiber und böse Globalplayermonopo-listencompanys, könnt ihr gerne haben und damit machen, was ihr wollt.
Ja, Hintern abwischen inklusive.

Kinodiawerbung

Letzten Samstag fühlte ich mich wie Marcel Reich-Ranicki bei der Uebergabe des deutschen Fernsehpreises. Gut, ich weiss nicht, was genau der ehrwürdige Herr Ranicki gefühlt hat, aber ich glaube, meine Gefühlswelt kam jener von Herrn Ranicki ziemlich nah, denn ich hab mich göttlich genervt.Warum? Nun, ich war im Kino. Mal wieder. Der neue Bond. Balkon, erste Reihe, siebter popcornübersähter Sitz von rechts. Nein, der Film war nicht der Grund für mein Ausbruch negativer emotionaler Energie. Es waren die 20 Minuten Werbung im Voraus. Vor etwa zehn Jahren sah es im selben Kino, am selben Platz anders aus. Gut, das Popcorn war auch schon da, aber auf der Leinwand erstreckten sich die Ländereien einer Ranch irgendwo im amerikanischen mittleren Westen, einige schüchterne Sonnen-strahlen stachen durch den Morgennebel und tauchten die Szenerie in ein märchenhaftes Licht. Ein kerniger Cowboy treibt die Pferde auf die Weide, untermalt von donnernden Hufgeräuschen aus den zahlreichen Surroundboxen. Am Ende zündet er sich genussvoll eine Zigarette an. Schnitt in die Gegenwart: Zitternd, mit den Nerven am Ende rufe ich der Leinwand verzweifelt zu: "Gebt mir den Marlboro-Mann zurück!"
Der Leinwand war das natürlich völlig egal, sie bombardierte mich lieber weiter mit billiger, schlecht gemachter Dialäktregionalwerbung irgendwelcher Metall-bauer, Carosserien und Informatik-fuzzies. Und wenns mal nicht regional, sondern national wird, kommt garantiert der achsowitzige, mit sauglatten Comicsound-effekten unterlegte Handywerbespot einer nationalen Discounterkette.
Spätestens jetzt wähnte ich mich nicht mehr im Kino bei der Ausstrahlung eines grossen Films, sondern bei der Jubiläums-veranstaltung des nachbarörtlichen Männerchors.Bitte nicht falsch verstehen: ich rauche nicht, trinke höchstens Mal zum Essen ein Glas Wein. Aber selbst die schlechteste Zigaretten- und Alkoholwerbung hatte einen gewissen Stil, hatte Glamour, stimmte hervorragend auf den bevorstehenden Film ein. Heute überlege ich mir ernsthaft, das zu tun, was schon viele machen: 20 Minuten später ins Kino zu gehen.