Freitag, 21. August 2009

Welt Weites Warten

Kürzlich hab ich mal wieder auf etwas gewartet. Dabei kann man entweder ruhig rumsitzen und durch die Gegend starren, in der Nase rumpopeln oder irgendein elektronisches Ablenkungsgerät zur Hand nehmen und feststellen, dass der Akku leer ist (ja, ich meine DICH, Playstation Portable). Ich griff aber oldschoolmässig zu einem Stapel "Schweizer Familie"-Hefte. Falls es jemand noch nicht wissen sollte: die "SF" ist eines der dienstältesten Schweizer Magazine und quasi die biedere Variante der "Schweizer Illustrierten". In anderen Worten: wo die "SI" boulevardesk, reisserisch und oft auch hemmungslos dämlich ist, ist die "SF"...äh..traditionell.

Für Freunde der unfreiwilligen Komik ist wohl die Rubrik "Denkpause" gedacht, worin ein externer Experte allerhand gescheites Zeug schreibt, diesmal zum Thema - Überraschung - "Jugendgewalt". Komischerweise entdecke ich nirgends die in diesem Zusammenhang gerne herbeigezogenen Schlagwörter wie "Internet" und "Neue Medien", aber das hat wohl damit zu tun, das diese für die "SF" praktisch inexistent sind. Es folgen rührende Stricktipps, Vorher-Nachher Modefotos, eine Analyse des bösen Gentechmais, ein Test aktueller Brettspiele sowie eine Fotoreportage über schöne Wanderwege in der Schweiz. Beachtlich: die SF-Fotografen schaffen es sogar, totfotografierte Sujets wie den Lauenensee so exotisch aussehen zu lassen, als wäre es eine schottische Hochlandpfütze mit Seemonster.

Dann endlich: ein Bericht über unsere tapferen Schweizer Soldaten! Ich will schon anfangen mit heimeligen "ach so war das früher"-Gedanken, da fällts mir wie Schwarzpulver von den Augen: die SF-Ausgabe ist ja aus diesem Jahr. Und die Fotos der Réduitfuzzis sind farbig. Ach ja, das "Living History"-Projekt von "Schweiz Aktuell". Da wollte ich ja auch noch drüber herziehen, schliesslich wurde der Sendung ja schon im Vorfeld die Kriegsverherrlichung vorgeworfen. Das Resultat war dann eher die Verherrlichung des Trivial-Langweilligen, bestenfalls geniessbar als Uniformenporno. Man kann halt ohne Gegner keinen Kriegszustand simulieren. Spätestens nach einer Woche habe ich mir eine zünftige Ballerei gewünscht. Wenn man wenigstens ein paar deutsche Kollegen in einem anderen Bunker untergebracht hätte mit der langfristigen Aufgabe, die Schweizerflagge im Réduitbunker zu klauen, hätte das ganze noch einen gewissen trashigen Charme gehabt. So erschöpften sich die Schauwerte beim nervigen Dauergrinsen der schwangeren Landfrau Gaberthuel, der verschiedenen Zubereitungsarten von Kartoffeln, juckenden Socken und tränenreichem Wiedersehen am Ende. "Nu weiss ych wiä sich d'froue damals gfühlt hen, wo sie uf ihri manne hen müäse wartä", sagte da die Frau eines Rekruten unter Tränen am Ende in die Kamera. Stimmt, der Zweite Weltkrieg dauerte auch ja nur drei Wochen, die Teilnahme war absolut freiwillig und jeden Abend konnte man sich alles zusammengefasst im Fernsehen anschauen.

Mittlerweile hatte der Downloadbalken 100% erreicht und ich entschloss mich, genug gewartet zu haben. Mit zunehmender Geschwindigkeit des Internets werden sich die Begegnungen zwischen der "Schweizer Familie" und mir wohl zukünftlich auf ein Minimum beschränken. Gottseidank.

Freitag, 7. August 2009

Prisontreatmentificationjawasdennjetzt?

Sehr geehrter Programmchef bei SF2

Gleich vorweg: ich habe so etwas wie eine Hassliebe zu euch entwickelt. Liebe, weil es ausser euch kein anderer Sender fertig bringt, Filme und Serien mit optionaler Originaltonspur auszustrahlen. Hass, weil ihr es im Gegensatz zu anderen Sendern nicht fertig bringt, für diese Serien einen einheitlich-regulären Sendeplatz zu finden.

Beispiel "Prison Break, 4", Season 4. Erst noch recht vernünftig platziert jeweils Donnerstags um 22:45 Uhr. Kann man sich auch als berufstätiger Mensch noch geben, ohne am nächsten Tag die Tastatur als Kopfkissen benützen zu müssen. Zwar verschiebte sich auch da dank Sport Aktuell die Sendezeit jeweils nach hinten, weil man ja auch den hinterletzten eingeknickten Kunstrasengrashalm nach einer Fussball Live-Uebertragung in Grund und Boden analysieren muss.

Nach einigen Wochen hatte ich mich auch schön an die, wenn auch immer leicht varierende, Sendezeit von Scofield und Co. gewöhnt. Doch dann klatscht ihr mir plötzlich unvermittelt "In Treatment" vor den Latz. Sicherlich keine schlechte Serie, aber ich will ja Gefängnisausbruch gucken und brauche momentan noch keine Therapie. Kulinarisch formuliert: wenn ich Fleisch essen will, gebe ich mich auch nicht mit Tofu zufrieden.

Aber da ich noch relativ jung bin und beim Blinzeln beide Augen zudrücken kann, sah ich auch über die erneute Sendezeitverschiebung auf 23:15 Uhr hinweg. So gingen wieder einige Wochen ins Land...
...bis mir gestern erneut mit "Californiacation" eine Serie vorgesetzt wurde, die ebenfalls sicher nicht schlecht ist, aber sie wissen schon, Tofu und so.

So muss ich mich jetzt für die letzten sechs Folgen der 4. Staffel Prison Break erst jeweils durch einen versifften, dauergeilen "ich war mal Fox Mulder" David Duchovny sowie zig nackte stöhnende Weiber kämpfen, um schliesslich um 23:45 meine Lieblingsserie gucken zu können. Wohl gemerkt, ich habe nichts dagegen, mich durch zig nackte stöhnende Weiber zu kämpfen, aber alles zu seiner Zeit.

Eben. Zeit. Himmelherrgottnochmal. Warum klappt das bei euch einfach nicht mit fixen Sendezeiten? Beat Schlatter warnt mich ja auch jeweils pünktlich davor, bei Halskratzen ins Büro zu gehen. Und Frau Bähler (an dieser Stelle ein lieber Gruss an sie, wir sind nicht verwandt. Jedenfalls noch nicht.) erzählt auch immer zur selben Tageszeit von ihren Hochs und Tiefs. Warum, lieber verantwortlicher Programmchef, klappt das nicht auch bei Spätabendserien?

Freundliche Grüsse
Mischa Bähler