Donnerstag, 28. Januar 2010

Einmal waschen, bitte.

Es gibt Menschen, die haben in Bezug auf ihr Äusseres einfach aufgegeben. Sie sind eigentlich nicht hässlich und beleibe nicht arm, aber sie scheinen auf Kriegsfuss mit Fremdwörtern wie "Hygiene", "Haarbürste" oder "Deodorant" zu stehen. Vielleicht wollte mir die Kundin mittleren Alters aber auch einfach etwas vermitteln, eine Art "World-Weariness", eine "been there, done that"-Attitüde. Sieh her, du verweichlichter Schönwetter-Bürogummi, schau mich an. Ich trage diesen muffligen Faserpelz schon seit 20 Jahren bei der Arbeit auf dem Feld, mein unterm ausgewetzten Poloshirt hervortretender Hängebauch hatte schon mehrere Untermieter und mein Damenbart symbolisiert Freiheit. Ich bewege mich in der freien Natur, bin mit Fuchs und Hase auf Du und Du, habe meine körperlichen Ausdünstungen akzeptiert und meine Klamotten werden ausgetragen bis sie entweder versteinert sind, zu Staub zerfallen oder beides. Was dagegen, du neumodische Socke der nachrückenden Generation?

Nein, eigentlich nicht, aber ich mach trotzdem mal das Fenster auf. Zum Lüften.

Qualen eines Gamers

Was soll das, BioWare? Ihr veröffentlicht "Mass Effect 2" am 28. Januar? Ich bin immer noch seit Weihnachten damit beschäftigt, in Venedig von hohen Gebäuden in brav-wartende Heuhaufen zu springen, in Boletaria Dämonenseelen zu sammeln, Koopas und Goombas auf den unförmigen Kopf zu springen und mit dem vermeintlich letzten Lombax den Weltraum ins Vakuum zu pusten. Unter anderem. Geez, ich hab sogar noch an eurem letzten Titel vom November zu kauen, meine "Dragon Age" Fortschritte beschränken sich auf einige gemeuchelte Untote, Werwölfe und untote Werwölfe sowie schüchterne Flirtereien mit Evil-Hippiehexe Morrigan. BioWare, ihr seit zu früh! Zum Vergleich: das ist in etwa so, wie wenn an einem Polterabend die Stripperinnen schon um vier Uhr nachmittags vorbeikommen.

Damit soll wohl das Geschäftsjahr vom Publisher Electronic Arts gerettet werden. Ohne mich, EA: mein Geld bekommt ihr, aber noch nicht diesen Monat. Sondern im März, wo kein grosses Spiel rauskommt. Mit Ausnahme von "God of War 3", "Final Fantasy 13" und "Heavy Rain".

Ach, verdammt.

Mittwoch, 27. Januar 2010

Wähe mir!

Alle Jahre sucht sie uns wieder heim, das flache, spaltige Bretzelbrötchen mit dem bitteren Nachgeschmack: die Fastenwähe. In Tat und Wahrheit kaue ich grad in diesem Moment auf einer rum und ärgere mich über jeden zerbissenen Kümmikern. Und über meine eigene Vergesslichkeit. Die gemeine Fastenwähe hat nämlich die spezielle und überaus unangenehme Eigenschaft, den menschlichen Erinnerungsprozess ausser Kraft zu setzen. Ende April, wenn auch die letzte Wähe vertrocknet ist, ist man froh, keine mehr antreffen zu müssen für die nächsten Monate. Im Januar hat man ihren Geschmack dank zig verputzter Brunslis, Mailänderlis und Königskuchen dann komplett vergessen, ist sogar froh, endlich mal wieder eine Alternative zu all den Gipfelis und Wegglis zu haben. Bis man dann reinbeisst und feststellt, dass das Kümizeug ja ziemlich scheisse schmeckt. Soll einem wohl daran erinnern, das Fasten keinen Spass macht.

Zeit, der Sache auf moderne, aufgeschlossene und offene Art auf den Grund zu gehen, sprich, die Fastenwähe zu googeln. Nach einem Klick in Wikipedia bringe ich in Erfahrung, das die Kümmischnitte eine echte Basler Spezialität ist. Unter uns: ich mag Basel ja, aber kulinarisch haben wir uns nie wirklich verstanden, egal ob Mehlsuppe, Läckerli oder eben Kümmibrot. Für einige wäre das Grund genug, der Rheinstadt den Rücken zu kehren, um an der Limmat Geschnetzeltes ins sich rein zu stopfen. Für einige, aber nicht für mich. Ich biete viel mehr eine konstruktive Lösung an in Form eines Rezepts. Man nehme:

Fastenwähe à la mib

1 Fastenwähe
1 Messer, Kümmelbelag vorsichtig abkratzen
0 mal abschrecken, dämpfen und pochieren
1 Glas Nutella, grossflächig auf Fastenwähe verteilen.

Wenn die Schicht dick genug ist, kann man auch über die Löcher bestreichen
zwecks maximaler Flächenausnutzung.

Ich wünsche guten Appetit.

Mittwoch, 6. Januar 2010

Ach DA gehen all die Billag-Gelder hin!

Mir ist ja bewusst, dass heuer die ersten Januarwoche nicht einfach ist für all die TV-Newssendungen: Berlusconis Mafiosifresse ist geradegerückt, mit Pandemiemeldungen lockt man keine Sau mehr hinterm Ofen hervor, und selbst die Finanzkrise scheint zumindest halbwegs überwunden. Was soll man denn da bitte noch ausschlachten berichten?

Wie das SF in solchen Situationen Sendezeit füllt, wurde dem leidgeprüften Zuschauer gestern Dienstag in "Schweiz Aktuell" vor Augen geführt. Thema: Das doppelte Lawinenunglück im Berner Oberland von letztem Sonntag. Eigentlich wurde darüber schon alles berichtet, aber "Schweiz Aktuell" will mehr, schaut hinter die Kulissen. Berichtet so dann aus dem Hotel, wo die verstorbenen Lawinenopfer nächtigten. Zeigt in bedeutungsschwangeren Kameraeinstellungen den leeren Speisesaal (dort drüben vorne rechts haben sie immer gessessen und ihre Touren geplant!), die nun freien Betten (fast riecht man so etwas wie Leichengeruch!) und zeigt als Tränendrüsenzückerchen noch den Wirt, der seine Gäste "nie vergessen wird (seht ihr, wie seine Augen feucht glänzen? Noch nicht? Kein Problem, wir zoomen ran!).

Ich würgte tapfer meine ab so viel katastrophengeiler Berichterstattung aufsteigenden Magensäfte wieder herunter, doch bei SF wurde man gerade erst warm. Die nächste...*hust*..."Reportage" schickte ein Reporterteam als Begleitung einer Skitour im Krisengebiet Diemtigtal "bei Spiez". Würde man das leutschenbachsche Geografieverständnis überall anwenden, könnte man auch sagen Zürich bei Basel. Jedenfalls wurden in kurz-knackigen Interviewfragen die Tourenteilnehmer vorgestellt, so etwa eine Kinderärztin aus Bern, die Kalendersprüche wie "auch beim Autofahren kann man verunfallen" vom Stapel lässt, um dann nach erfolgtem Aufstieg unter Aufsicht des Tourenleiters den Tiefschneehang herunterzucarven und mich ratlos im Fernsehsessel zurücklässt. Hätte mich das nun unterhalten, informieren, gar aufklären sollen? Hat das Reporterteam gehofft, noch irgendwo eine erstarrte Hand aus dem Schnee ragen zu sehen? Oder hatte man gerade einfach Lust auf einen sonnigen lockeren Arbeitstag im Schnee? Waren sie etwa neidisch auf die Moderatorin des Gesundheitsmagazins "Puls", die für die neuste Sendung unbedingt aus Dubai berichten musste? Fragen über Fragen, aber es kann mir ja eigentlich egal sein. Ist ja nicht so, dass solche Exkursionen mit meinen Billag-Gebühren finanziert werden.

Ich zappte weiter zum Lokalsender TeleBasel und wärmte mich mit "7vor7" bei einem Bericht über den immer noch frei herumzünselnden Riehener Brandstifter auf. Anscheinend weiss man immer noch recht wenig bis gar nichts über ihn, weshalb, um das ganze auf 3 Minuten auszudehnen, ein Psychologe vor die Kamera gezerrt wird. Dieser benutzt für einen offensichtlich gebildeten Mann (er steht nicht nur vor einem Gestell voller Bücher, er blättert sogar gerade in einem herum!) beunruhigend häufig das Wort "vielleicht": "Vielleicht" wolle der Täter geschnappt werden, "vielleicht" geben ihm die Brandstiftungen eine Art Machtgefühl, "vielleicht" sei da auch "was sexuelles". Aha.

"Vielleicht" sollte ich beim Abendessen nicht mehr fernsehen.