Mittwoch, 3. März 2010

Bürgerpflicht

Ein kurzer Text ohne jegliche Moral, tieferen Sinn oder bewusstseinserweiternde Message, in dem der Autor wild vor sich hinfabuliert und sich in leidenschaftlicher Art und Weise nicht zufrieden gibt mit dem Status quo. In anderen Worten: dasselbe wie immer, aber in anderer Verpackung.

Eigentlich wollte ich heute etwas zum Thema Steuererklärung schreiben, was für eine Zumutung das ist, jedes Jahr derselbe idiotische Papierkram. Ueberhaupt sollte mal jemand ausrechnen (jemand, nicht ich), wieviel Zeit im Leben für so administrativen Beamtenbockmist draufgeht, von der Wiege bis zur Bahre, Formulare Formulare, wie der Volksmund so schön sagt, wenn ihm nicht grad mit selbigen das Maul gestopft wird.

Doch dann hab ich meinen eigenen Text angegähnt, was nie ein gutes Zeichen ist. Denn, so eine Steuererklärung, das gehört so ziemlich zum einschläferndsten, was dem heute ja eh schon verweichlichten Jäger und Sammler - Mann im gefahrbereinigten Leben so begegnen kann. Väterchen Staat gibt sich ja auch wirklich alle Mühe, die Existenz seiner Bürger so langweilig wie möglich zu machen. Für fast alles gibt es ein Gesetz, eine Regelung oder gleich ein Verbot (mit einer aktuellen Tendenz in letztgenannte Richtung) . Nun gut, kann man sich jetzt sagen, das ist ja alles nur zu meinem Besten. Das Problem ist nur, sobald jemand für mich "nur das Beste" will, dann klingt das in meinem paranoid angehauchten Oberstübchen immer so in etwa wie "wir verarschen dich nach Strich und Faden, aber mach dir keine Gedanken darüber, ist besser so". Vielleicht WILL ich gar nicht nur das Beste für mich, lieber Staat. Vielleicht gibt mir beispielsweise die Vorstellung, nicht krankenversichert zu sein, frühmorgens genau den richtigen Kick Adrenalin, um in die Gänge zu kommen. Sprich, vielleicht brauche ich eine Prise Risiko im Alltag, vielleicht...

Ja, genau, vielleicht sollte man das Steuerzeug halt einfach ein wenig aufpeppen. Wie wärs beispielsweise mit einem Gutschein für einen Bundeshausbesuch für jede rechtzeitig abgeschickte Steuererklärung? Eventuell sogar mit Sitzung und Apéro? Auch möglich wäre eine Teilnahme am Bundesratsreisli! Oder wir lassen uns gleich von US-Präsident Obama inspirieren, der mit seinem kanadischen Amtskollegen Wetten abschliesst (leider gings da nur um eine banale Kiste Bier und nicht um etwas in der Art von "der Verlierer übernimmt des Gewinners Gesundheitssystem" oder so). Bei uns müsste man aber schon einen etwas höheren Einsatz liefern, kompletter Steuererlass für ein Jahr zum Beispiel. Dazu müsste man irgendeine aktuelle Frage beantworten wie "Schaffen wir es noch dieses Jahr, Max Göldi aus Libyen rauszuholen?"

Gut, das wäre wiederum zu einfach und der Staatsbankrott unausweichlich. Dann müssten wir allerdings auch keine Steuererklärungen mehr ausfüllen.

Mittwoch, 24. Februar 2010

Samenraub

ine Warnung vorweg, liebe Leserin und lieber Leser, heute geht es hier um Sex. "Endlich!" höre ich an dieser Stelle einige rufen, während sich bei anderen das Gesicht in einem schüchternen Scharlachrot färbt und sie hilfesuchend nach links und rechts schauen, ob sie auch niemand beim Lesen beobachtet. Trotzdem, es führt kein Weg vorbei, das Thema muss jetzt mal, pardon, aus dem Sack und auf den Tisch.

Gerade eben ist nämlich wieder der Lieferwagen von Swiss Genetics vor meinem Bürofenster durchgebraust. Der Name klingt nach High-Tech Labors, illegalen Experimenten und Michael Crichton, aber wie so oft im Leben ist die Wirklichkeit weitaus banaler: Swiss Genetics handelt mit Rinder- und anderem Viehsperma. Inklusive abzapfen und einpflanzen. Da gegenüber meiner Arbeitszelle das Tor der Besamungsstation meistens weit offen steht, erhasche ich auch oft einen ungewollten Blick auf eben diesen Dienstleistungsvorgang, auch wenn ich eigentlich nur mal wieder etwas von der Sonne sehen will. Ich erspare mir die ferkeligen Details (ich Unschuldslamm hab zuerst noch gedacht, der lederne Bock in der Mitte der Halle wär fürs Rodeoreiten nach Feierabend), deshalb nur das nötigste: Männlein und Weiblein bekommen sich dank Swiss Genetics nie zu Gesicht.

Da fragt man sich natürlich, was das für Menschen bei Swiss Genetics sind und ob die Nachts ruhig schlafen können. Wie sooft beim Thema Fortpflanzung gibt Freund Internet auch hier Auskunft. So heisst es auf der offiziellen Firmenwebsite:

"Wir stellen die hohe Qualität unserer Produkte und Dienstleistungen mit einem umfassenden Qualitätsmanagement sicher. Als Marktleader bieten wir in der ganzen Schweiz eine professionelle Samenübertragung und einen erstklassigen Service. Beim Umgang mit den Tieren beachten wir hohe ethische Grundsätze."

Schön, man bringt die Viecher zwar um den ganzen Spass, aber immerhin wird die Sache unter hohen ethischen Grundsätzen durchgeführt. Da kann Rudi der Stier sich ja glücklich schätzen. Aber wer sowas wie"professionelle Samenübertragung" schreibt, vögelt wohl auch mit der Stoppuhr am Handgelenk. Egal, ich habe mich ja gefragt, was das denn für Menschen sind, also steht da weiter geschroben:

"Motivierte und innovative Mitarbeitende sind unser wichtigstes Kapital. Wir bieten optimale Arbeitsbedingungen und pflegen eine teamorientierte, verantwortungsbewusste Unternehmenskultur. Jeder trägt mit einer stetigen Verbesserung seiner individuellen Leistung und derjenigen seines Teams zum langfristigen Erfolg unserer Kunden und Swissgenetics bei."

Man kann sich fragen, ob der Texter da nicht zumindest ein wenig pubertär vor sich hingekichert hat beim Eintippen. Anyway: ja, ich weiss, die Typen verdienen damit gutes Geld und ernähren damit ihre Familie, die Wirtschaft und die Gesellschaft freut sich. Ja, mit diesem Vorgehen werden wahrscheinlich laufend zig Erbkrankheiten ausgerottet und den Tieren wird das ganze mühsame Rumbrunften erspart. Trotzdem fragt sich der Tierfreund in mir leise: warum kann man nicht einfach der Natur ihren Lauf lassen?

Gäbe mir jedenfalls ein besseres Gefühl beim Essen eines saftigen Steaks.

Quelle:www.swissgenetics.ch

Mittwoch, 17. Februar 2010

Liebe geheimnisvolle Verehrerin

Ich schreibe Dir, weil ich endlich einen Schlussstrich unter die Sache ziehen will. Seit Jahren schon stellst du mir zu dieser Jahreszeit nach, wirfst mir auf der Strasse neckisch-verführerische Blicke zu, lockst mich mit Deinem Gesang. Ich kann nicht länger dabei zusehen, wie Du Dich abmühst, denn: es bricht mir das Herz, ich habe schlaflose Nächte, ich will Dich nicht länger leiden sehen. Drum mache ich es möglichst kurz: es ist aus zwischen uns. Vorbei und verbyyy.

Ja, ich gebe zu, früher war vieles anders. Wir haben uns kennengelernt, als ich noch ein Kind war, man könnte fast sagen, du warst eine Sandkastenliebe. Damals hab ich Dich noch gerne gesehen. Meine kindliche Wahrnehmung war halt offen für alles bunte, fröhliche, sowie für die Süssigkeiten, welche Du mir immer mitgebracht hast. Und für Deine Musik, die eine willkommene Abwechslung war von der biederen Klassik, welche zuhause gespielt wurde. Andererseits war es auch schwer, Dich zu ignorieren, selbst in der Schule wurde nur über Dich gesprochen. Kurz, ich war in Dich verliebt.

Nun heisst es zwar, alte Liebe rostet nicht, was in einigen Fällen zutreffen mag, aber, und hier musst Du jetzt stark sein, nicht in unserem Fall. Denn mit der Zeit wurde mir Dein Treiben zu bunt, Deine Süssigkeiten wurden überzuckert und auf einmal musste ich dafür bezahlen. Deine Musik und Dein Gesang wurden von lustig zu lärmig, von der Melodie zur Dissonanz, von der willkommenen Abwechslung zur penetranten Belästigung bis weit in die Nacht hinein. Es hilft nichts, das Du Dir jedes Jahr ein neues Gesicht verpassen lässt, Dich dem aktuellen Zeitgeschehen anbiederst um zu zeigen, hey, ich bin noch voll dabei. Es kommt bei mir nicht an, denn Du hast noch nie meiner Vorstellung von Schönheit entsprochen. Heute wirkst Du auf mich antiquiert, hast nicht die Eleganz deiner venezianischen Cousine, Deine Fröhlichkeit wirkt bemüht oder gar aufgesetzt und aus Deinem immer schon etwas wunderlichen Atem riecht der Alkohol.

Ich weiss, was Du jetzt sagen wirst: Können wir nicht wenigstens Freunde bleiben? Nein. Zu einem früheren Zeitpunkt wäre das vielleicht noch möglich gewesen. Aber jetzt nicht mehr. Drum verabschiede ich mich hiermit von Dir und versuche, all die schönen gemeinsamen Erlebnisse, für die ich nach wie vor dankbar bin, in guter Erinnerung zu behalten.

Adie, Frä Fasnacht. Alles Gute für die Zukunft. Aber lass mich endlich in Ruhe.

Dein Mischa

Mittwoch, 3. Februar 2010

Radio GaGa

Es war der grosse Hahnenkampf der letzten Woche: Der einstige Radiopirat, Sat1-Chef und heutiger Inhaber von Radio Energy, Roger Schawinski, liegt sich mit dem Bündner Medienmogul Hanspeter Lebrument in den Haaren, die einen gefärbt und chruselig, die anderen mausgrau, respektive kahl. Grund: Schawinskys Energy reichte anscheinend nicht aus, die Leute vom Bundesverwaltungsgericht zu überzeugen, Lebrument bekam den Zuschlag. Keine Konzessionen mehr, keine UKW-Frequenz mehr. Radio Energy droht die Schliessung.

Nun könnte man sich fürchterlich drüber aufregen, lamentieren über die rückgängige Vielfalt in der Schweizer Radiowelt. Ich ringe mich zu einem Schulterzucken durch, weil, ganz ehrlich: Radio saugt.

Oder besser: Radio würde saugen, wäre es nicht schon längst tot. Ehrlich gesagt verstehe
ich nicht, wie die Billag allen Ernstes für sowas noch Gebühren verlangen kann. Radio, der einstige Pionier in Sachen Massenmedium hat es bis heute nicht geschafft, sich neben Konkurrenz wie TV und Internet klar zu positionieren. Die engen Grenzen des Mediums auszunutzen, ja, daraus eine Tugend zu machen. Und wer jetzt hier abwinkt und denkt, ich würde melodramatisieren, der schalte jetzt gleich mal Radio Basilisk ein. So tönt s'Läbe.

Kommen wir gleich zur Kerndisziplin des Radios, der Musik: Ja, Gnarls Barkley's Crazy war ja vielleicht ganz nett im 2004. Aber es gibt keinen Grund, ihn auch sechs Jahre später noch dreimal am Tag durch den Äther zu jagen. Nein, "Crying at the discotheque" war schon vor 8 Jahren nerviger Mist. Trotzdem klatschen ihn die Musikredaktionen auch heute noch regelmässig auf ihre Playlist. Warum? Eine gute Frage. Hier ist eine weitere: warum bietet meine (ehrlich bezahlte) mp3-Sammlung mehr Abwechslung und deckt ein breiteres Spektrum der Musiklandschaft ab als die CD-Sammlung hiesiger Radiosender?
Klar, die aktuelle Top-10 muss berücksichtigt werden, keine Frage. Ich rede hier aber vom reichhaltigen musikalischen Fundus der letzten 50 Jahre, der die Zeit dazwischen füllen könnte. Man kann mir nicht erzählen, das die breite Masse heute immer noch begeistert aufkreischt, wenn Robbie Williams und Nicole Kidman "Something stupid" aus den Radioboxen trällern. Ich kann den Song mittlerweile auswendig. Echt.

Nächster Punkt: Newssendungen. Praktisch die einzige Fahne, die das Radio noch einigermassen hochhalten kann. Wohlgemerkt verstehe ich unter Newssendungen nicht das selbstverliebte Getalke eines Christian Heeb auf "Radio Basel". Sondern ganz normale Nachrichten, gesendet jeweils zur vollen Stunde. Natürlich variert auch hier die Qualität von Sender zu Sender, so versucht beispielsweise DRS1 regelmässig, bei seinen Auslands-reportagen ein paar Nebengeräusche einzufangen oder aus Afrika noch jemanden etwas Suaheli ins Mikro nuscheln zu lassen. Wirkt zwar ungemein authentisch, verstehen tue ichs trotzdem nicht, das heisst vielleicht würde ich es verstehen, wenn der Simultanübersetzer nicht gleichzeitig quasseln und so das Audiochaos perfekt machen würde.

Aber zurück in die Region, denn wir kommen..zum Sport. Also zum Fussball, was wiederum früher oder später zum FCB führt. Basel, nicht Barcelona. Radio Basilisk lobt sich in seinen Spots selber dafür, an jedem Spiel einen Reporter vor Ort zu haben, der live aus dem Stadio berichtet, die vielgerühmten "Emotionen" einfängt und den Zuhörern übermittelt. In der Praxis sieht das dann so aus: 1 Minute Berichterstattung, gefolgt von "Musik" mit "Ha nur wellä wüssä ob ich dich cha küssääää", dann wiederum ein-zwei Minütchen Fussball und dann schnell wieder irgendeine Popschnulze, damit ja niemand den Sender wechselt. Das ist nicht Fussball live, das ist Fussball light. Seit nicht mehr jedes grössere Match im öffentlichen Fernsehen gezeigt wird (vielen Dank, Teleclub) bleibt Radio Basilisk die einzige Möglichkeit für nicht Stadionbesucher, dem FCB beim Verlieren beizuwohnen. Frage an die Basilisken: denkt ihr tatsächlich, jemand würde am Sonntagnachmittag zwischen 16 und 18 Uhr euren Sender einschalten um Musik zu hören, die unterbrochen wird von ein wenig Fussball? Warum bringt ihr nicht Fussball, der von rein gar nichts unterbrochen wird?

Vermutlich ist die Antwort ganz einfach: wischi-waschi. Die Radiosender von heute sind dermassen darum bemüht, es jedem Recht zu machen, das sie alle gleich klingen. Mit Ausnahme von Radio X, wo man nicht so wirklich weiss, ob sie es überhaupt jemandem Recht machen wollen, aber immerhin bieten die dort was abseits vom mainstreamigsten Mainstream. Radio X hat ein Profil. Nochmals langsam zum mitlesen: P-R-O-F-I-L. Legt euch sowas zu, macht interessante Reportagen und Sendungen, bringt Abwechslung in euer Musikprogramm. Vielleicht werdet ihr dann zwei-drei Hörer weniger haben. Der Rest wird euch aber dafür ewig treu sein.

Donnerstag, 28. Januar 2010

Einmal waschen, bitte.

Es gibt Menschen, die haben in Bezug auf ihr Äusseres einfach aufgegeben. Sie sind eigentlich nicht hässlich und beleibe nicht arm, aber sie scheinen auf Kriegsfuss mit Fremdwörtern wie "Hygiene", "Haarbürste" oder "Deodorant" zu stehen. Vielleicht wollte mir die Kundin mittleren Alters aber auch einfach etwas vermitteln, eine Art "World-Weariness", eine "been there, done that"-Attitüde. Sieh her, du verweichlichter Schönwetter-Bürogummi, schau mich an. Ich trage diesen muffligen Faserpelz schon seit 20 Jahren bei der Arbeit auf dem Feld, mein unterm ausgewetzten Poloshirt hervortretender Hängebauch hatte schon mehrere Untermieter und mein Damenbart symbolisiert Freiheit. Ich bewege mich in der freien Natur, bin mit Fuchs und Hase auf Du und Du, habe meine körperlichen Ausdünstungen akzeptiert und meine Klamotten werden ausgetragen bis sie entweder versteinert sind, zu Staub zerfallen oder beides. Was dagegen, du neumodische Socke der nachrückenden Generation?

Nein, eigentlich nicht, aber ich mach trotzdem mal das Fenster auf. Zum Lüften.

Qualen eines Gamers

Was soll das, BioWare? Ihr veröffentlicht "Mass Effect 2" am 28. Januar? Ich bin immer noch seit Weihnachten damit beschäftigt, in Venedig von hohen Gebäuden in brav-wartende Heuhaufen zu springen, in Boletaria Dämonenseelen zu sammeln, Koopas und Goombas auf den unförmigen Kopf zu springen und mit dem vermeintlich letzten Lombax den Weltraum ins Vakuum zu pusten. Unter anderem. Geez, ich hab sogar noch an eurem letzten Titel vom November zu kauen, meine "Dragon Age" Fortschritte beschränken sich auf einige gemeuchelte Untote, Werwölfe und untote Werwölfe sowie schüchterne Flirtereien mit Evil-Hippiehexe Morrigan. BioWare, ihr seit zu früh! Zum Vergleich: das ist in etwa so, wie wenn an einem Polterabend die Stripperinnen schon um vier Uhr nachmittags vorbeikommen.

Damit soll wohl das Geschäftsjahr vom Publisher Electronic Arts gerettet werden. Ohne mich, EA: mein Geld bekommt ihr, aber noch nicht diesen Monat. Sondern im März, wo kein grosses Spiel rauskommt. Mit Ausnahme von "God of War 3", "Final Fantasy 13" und "Heavy Rain".

Ach, verdammt.

Mittwoch, 27. Januar 2010

Wähe mir!

Alle Jahre sucht sie uns wieder heim, das flache, spaltige Bretzelbrötchen mit dem bitteren Nachgeschmack: die Fastenwähe. In Tat und Wahrheit kaue ich grad in diesem Moment auf einer rum und ärgere mich über jeden zerbissenen Kümmikern. Und über meine eigene Vergesslichkeit. Die gemeine Fastenwähe hat nämlich die spezielle und überaus unangenehme Eigenschaft, den menschlichen Erinnerungsprozess ausser Kraft zu setzen. Ende April, wenn auch die letzte Wähe vertrocknet ist, ist man froh, keine mehr antreffen zu müssen für die nächsten Monate. Im Januar hat man ihren Geschmack dank zig verputzter Brunslis, Mailänderlis und Königskuchen dann komplett vergessen, ist sogar froh, endlich mal wieder eine Alternative zu all den Gipfelis und Wegglis zu haben. Bis man dann reinbeisst und feststellt, dass das Kümizeug ja ziemlich scheisse schmeckt. Soll einem wohl daran erinnern, das Fasten keinen Spass macht.

Zeit, der Sache auf moderne, aufgeschlossene und offene Art auf den Grund zu gehen, sprich, die Fastenwähe zu googeln. Nach einem Klick in Wikipedia bringe ich in Erfahrung, das die Kümmischnitte eine echte Basler Spezialität ist. Unter uns: ich mag Basel ja, aber kulinarisch haben wir uns nie wirklich verstanden, egal ob Mehlsuppe, Läckerli oder eben Kümmibrot. Für einige wäre das Grund genug, der Rheinstadt den Rücken zu kehren, um an der Limmat Geschnetzeltes ins sich rein zu stopfen. Für einige, aber nicht für mich. Ich biete viel mehr eine konstruktive Lösung an in Form eines Rezepts. Man nehme:

Fastenwähe à la mib

1 Fastenwähe
1 Messer, Kümmelbelag vorsichtig abkratzen
0 mal abschrecken, dämpfen und pochieren
1 Glas Nutella, grossflächig auf Fastenwähe verteilen.

Wenn die Schicht dick genug ist, kann man auch über die Löcher bestreichen
zwecks maximaler Flächenausnutzung.

Ich wünsche guten Appetit.

Mittwoch, 6. Januar 2010

Ach DA gehen all die Billag-Gelder hin!

Mir ist ja bewusst, dass heuer die ersten Januarwoche nicht einfach ist für all die TV-Newssendungen: Berlusconis Mafiosifresse ist geradegerückt, mit Pandemiemeldungen lockt man keine Sau mehr hinterm Ofen hervor, und selbst die Finanzkrise scheint zumindest halbwegs überwunden. Was soll man denn da bitte noch ausschlachten berichten?

Wie das SF in solchen Situationen Sendezeit füllt, wurde dem leidgeprüften Zuschauer gestern Dienstag in "Schweiz Aktuell" vor Augen geführt. Thema: Das doppelte Lawinenunglück im Berner Oberland von letztem Sonntag. Eigentlich wurde darüber schon alles berichtet, aber "Schweiz Aktuell" will mehr, schaut hinter die Kulissen. Berichtet so dann aus dem Hotel, wo die verstorbenen Lawinenopfer nächtigten. Zeigt in bedeutungsschwangeren Kameraeinstellungen den leeren Speisesaal (dort drüben vorne rechts haben sie immer gessessen und ihre Touren geplant!), die nun freien Betten (fast riecht man so etwas wie Leichengeruch!) und zeigt als Tränendrüsenzückerchen noch den Wirt, der seine Gäste "nie vergessen wird (seht ihr, wie seine Augen feucht glänzen? Noch nicht? Kein Problem, wir zoomen ran!).

Ich würgte tapfer meine ab so viel katastrophengeiler Berichterstattung aufsteigenden Magensäfte wieder herunter, doch bei SF wurde man gerade erst warm. Die nächste...*hust*..."Reportage" schickte ein Reporterteam als Begleitung einer Skitour im Krisengebiet Diemtigtal "bei Spiez". Würde man das leutschenbachsche Geografieverständnis überall anwenden, könnte man auch sagen Zürich bei Basel. Jedenfalls wurden in kurz-knackigen Interviewfragen die Tourenteilnehmer vorgestellt, so etwa eine Kinderärztin aus Bern, die Kalendersprüche wie "auch beim Autofahren kann man verunfallen" vom Stapel lässt, um dann nach erfolgtem Aufstieg unter Aufsicht des Tourenleiters den Tiefschneehang herunterzucarven und mich ratlos im Fernsehsessel zurücklässt. Hätte mich das nun unterhalten, informieren, gar aufklären sollen? Hat das Reporterteam gehofft, noch irgendwo eine erstarrte Hand aus dem Schnee ragen zu sehen? Oder hatte man gerade einfach Lust auf einen sonnigen lockeren Arbeitstag im Schnee? Waren sie etwa neidisch auf die Moderatorin des Gesundheitsmagazins "Puls", die für die neuste Sendung unbedingt aus Dubai berichten musste? Fragen über Fragen, aber es kann mir ja eigentlich egal sein. Ist ja nicht so, dass solche Exkursionen mit meinen Billag-Gebühren finanziert werden.

Ich zappte weiter zum Lokalsender TeleBasel und wärmte mich mit "7vor7" bei einem Bericht über den immer noch frei herumzünselnden Riehener Brandstifter auf. Anscheinend weiss man immer noch recht wenig bis gar nichts über ihn, weshalb, um das ganze auf 3 Minuten auszudehnen, ein Psychologe vor die Kamera gezerrt wird. Dieser benutzt für einen offensichtlich gebildeten Mann (er steht nicht nur vor einem Gestell voller Bücher, er blättert sogar gerade in einem herum!) beunruhigend häufig das Wort "vielleicht": "Vielleicht" wolle der Täter geschnappt werden, "vielleicht" geben ihm die Brandstiftungen eine Art Machtgefühl, "vielleicht" sei da auch "was sexuelles". Aha.

"Vielleicht" sollte ich beim Abendessen nicht mehr fernsehen.